Deutscher StarTrek-Index  

Vergebliche Sondierungen

von Andrej Schwabe, 19.09.2000

Die Sonde, wie sie hier so simpel genannt wird, hatte ihren ersten Auftritt im vierten Kinofilm und konnte nur mit zwei Walen davon überzeugt werden, ihre "Hände" von der Erde zu lassen. Für die Fortsetzung hat sich Margaret Wander Bonanno verpflichtet, die mit "Geiseln für den Frieden" (Classic-Band 26) und "Fremde vom Himmel" (Anfänge-Band 2) bereits Klasse bewiesen hat.

Handlung:
Der Romulanische Prätor ist tot und verändert damit die politische Landschaft auf Romulus schlagartig. Sofort scheinen Friedensverhandlungen zwischen der Föderation und dem Reich möglich, ein Treffen wird vereinbart. Die Enterprise ist (wie üblich) dafür zuständig, die Diplomaten (und diesmal Musiker und Archäologen) zu eskortieren. Doch schnell wird klar, dass die Verhandlungen unter keinem guten Stern stehen. In diese brenzlige Lage platzt nun auch noch die Sonde, indem sie Kurs auf die Neutrale Zone nimmt...

Kritik:
Bei weiblichen Autoren (z.B. Ann C. Crispin) besteht für mich immer die Gefahr, dass eine Geschichte von gelungener Einfühlsamkeit in triefenden Kitsch abrutscht (gerechterweise zeigen männliche Schreiberlinge dafür die Tendenz zum enervierenden Technoblabla). Dies ist kein solcher Roman: Die Charakterisierungen sind wirklich schön (besonders die der fahnenflüchtigen Romulanerin Jandra), originell und meist nicht übertrieben.

Vielleicht erinnern sich einige noch an Kevin Riley, den Typen, der in "The Naked Time" (Implosion in der Spirale) im Maschinenraum so grausam gesungen hat. In den Romanen haben die Autoren ihn immer mal wieder eingebaut; so war er in "The Lost Years" (Die verlorenen Jahre) noch Kirks Attaché - inzwischen hat er es bis zum Botschafter gebracht. So nehmen sich seine Passagen auch ziemlich interessant aus, was allerdings sofort wieder torpediert wird, wenn er sich als Botschafter um Kirks Sicherheit kümmert und die zweite Hälfte des Buches nur noch in der Krankenstation liegt.

Leider gibt’s da noch mehr Sachen, die mir überhaupt nicht zusagen. Ich meine nicht Kleinigkeiten wie Schiffsphaser, die auf Betäubung gestellt sind, auch nicht, dass der früher so beschäftigte Kirk nichts anderes mehr zu tun hat, als seitenlange Logbucheinträge vorzunehmen oder dass Sulu offenbar inzwischen Klammern am Hinterkopf hat, um die ganze Zeit auch wirklich ausdauernd grinsen zu können. Dass McCoys Sarkasmus hier nur nervt.

Nein, ich meine so wichtige Dinge wie die leicht verwirrende Tatsache, dass der einzige wunde Punkt der Sonde sich gleichzeitig an ihrer einzigen Öffnung befindet! Überhaupt wirkt das Ende trotz der insgesamt 400 Seiten überhastet, nachdem Bonanno sich quälend lange beim Aufbau der Spannung aufgehalten hat. Nicht zuletzt sicher auch, weil die Autorin uns hier eigentlich zwei Geschichten erzählt: die der unmotivierten Friedensverhandlungen, die überings denen mit den Klingonen stark ähneln (Perestroika etc.) und natürlich fruchtlos bleiben müssen, und die der Sonde. Besonders deutlich wird das jedes Mal, wenn die Sonde ihren Kurs auf irgendeinen wichtigen Planeten wechseln muss, um der Geschichte ein bisschen mehr Spannung zu geben.

Unterm Strich bleibt also nur ein Roman, der es unseren alternden Helden zwar erspart, mit jedem feindlichen Alien in den Ring zu steigen, uns jedoch nicht, eine größtenteils unrealistische Geschichte mitzuerleben, die nur durch das Mehr an Wissen über die Sonde zu reizen weiß.

(gandalf)

Infos:
STAR TREK - Classic, Band 75
Titel: Die Sonde
Autor: Margaret Wander Bonanno
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2000, USA: 1992
Deutsche Übersetzung: Harald Pusch
Preis: 12,90 DM
Wilhelm Heyne Verlag, München
Features
 
 
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