Jens
Stegemann im Interview: Nach der Galileo7
von Malte Kirchner (malte@startrek-index.de)
Mit dem Rückzug von
Jens Stegemann aus der Organisation der Galileo7-Convention nahm eines der
Urgesteine der deutschen Conventions seinen Hut. Insgesamt vier
Galileo7-Conventions hat Stegemann in seiner Zeit als Organisator
veranstaltet, darunter auch die vielkritisierte dritte Convention in
Berlin, aber auch das gelobte Revival vergangenes Jahr in Bremen.
Im Gespräch mit Malte Kirchner sprach Stegemann über die Zukunft, aber
auch über das Zurückliegende - bislang nie dagewesene Einsichten in den
Alltag eines Convention-Betreibers...
DSi: Man sagt ja oft "Aller guten
Dinge sind drei". In Deinem Fall sind es jedoch vier durchgeführte
Conventions, wobei die dritte ja etwas auf Kritik stieß, während die
vierte wieder viel Lob erntete. Könnte man also sagen - um bei den
Sprichwörtern zu bleiben -, dass Dein Ausstieg dem Sprichwort "Man
soll aufhören, wenn es am besten ist" gleichkommt?
Jens Stegemann: Ein bisschen passt das mit Sicherheit. Der Ausstieg wurde ja gleich nach der vierten Galileo7
eingeleitet, indem ich mich von den meisten alltäglichen Aufgaben aus
wirtschaftlichen und Zeitgründen zurückgezogen habe. Kalle und seine
Mutter gründeten eine neue Firma und die plante die nächste Con.
Gänzlich zurückgezogen habe ich mich aufgrund einiger
Personalentscheidungen seitens der Firma und aufgrund einiger Ansichten
und Entwicklungen, die ich nicht mit vertreten konnte.
Was war Dein positivstes bzw. schönstes Erlebnis in Deiner Zeit als
Convention-Veranstalter?
Das ist ein schwierige Frage. Ein ganz besonderer Moment war mit
Sicherheit der, als ich nach der Galileo7-I wieder nach Hause kam. Ich war
gerade 19 Jahre alt, hatte drei Wochen wirklich harter Arbeit hinter mir
(kannte ich bis dahin nicht) und gerade mehrere Stunden Schulterklopfen
von etlichen Gästen und unseren Stars erlebt. Jede Con hatte aber ihre
positiven Seiten und es gab zahlreiche schöne Erlebnisse. Ganz besonders
gefreut hat es mich auch, wie das alte Team, dass sich nach der Berliner
Con eigentlich schon
getrennt hatte, im letzten Sommer wieder zusammen fand und schließlich
die G7-IV auf die Beine stellte. Die Atmosphäre in Bremen war schon
deshalb von Anfang an einer ganz besondere.
Und die Frage noch mal andersherum: Was war
Dein schlechtestes bzw. negativstes Erlebnis in Deiner Zeit als
Convention-Veranstalter?
Das kann ich gar nicht so genau
festmachen. Besonders schlimm fand ich es stets, wenn jemand, den man auf
seiner Seite wähnte und zu kennen glaubte, plötzlich der Sache schadete
- aus welchen Gründen auch immer. Ich habe das einige Male erlebt (z.B.
Renés Internetaktion im letzten Jahr) und fand es stets niederschlagend,
da ich in keiner Situation die Hintergründe und Motivationen voll
verstanden habe.
Die Besucher sehen ja immer nur das dreitägige Produkt aller
Bemühungen. Wie sieht aber der Jahresablauf eines Convention-Organisators
aus? Welche verschiedenen Stadien gibt es? Und hat man jemals Freizeit?
Freizeit hat man schon. Anstrengend sind die ersten Wochen nach einer
Convention und die letzten ca. drei Wochen davor. In dieser Zeit kann man
gar nicht so viele Helfer haben, wie man Aufgaben zu verteilen hat. Da
fallen so viele Kleinigkeiten an, die man nachher als Gast auch gar nicht
mehr bemerkt, die aber, wenn sie nicht geregelt werden, eine Con
zerstören können. Die letzten Wochen vor der Con sind auch die Zeit, in
der sich ein engeres Team herausbildet. Man arbeitet eng zusammen und das
über etliche Stunden am Tag und mehrere Wochen. Das ist zwar anstrengend,
macht aber auch Spaß. In der Zeit dazwischen war meine Aufgabe stets, die
Sache am Laufen zu halten, d.h. alle involvierten Leute bei der Stange zu
halten, den einen oder anderen Konflikt zu beseitigen, die täglichen
Aufgaben wie Buchführung, Telefondienst, etc. Das wird schnell zur
Routine, da aber ständig unvorhergesehene Dinge geschehen wurde es nie
langweilig. Letztendlich hat das Ganze auch einen wirtschaftlichen
Hintergrund der bewältigt werden muss.
Das erfordert neben einer Menge Planung auch jede Menge
Verwaltungsaufwand.
Durch Deinen offenen Schlagabtausch mit Dirk Bartholomä wurde vielen
ja erst damals bewusst, dass es überhaupt eine Konkurrenzsituation
zwischen den verschiedenen Conventions in Deutschland zu geben schien. Wie
hat sich das Verhältnis zur FedCon und Dirk danach weiterentwickelt? Wie
darf man sich das Verhältnis beider Conventions zueinander überhaupt
vorstellen?
Als so schlimm habe ich unseren Schlagabtausch nie empfunden (mal
abgesehen von den Angriffen nach der G7-III). Konkurrenz belebt das
Geschäft. Ich denke, wir haben Dirk nie ernsthaft geschadet (und hatten
das auch nicht im Sinn). Andersherum verhält es sich (hoffentlich)
ähnlich. Dass Dirk versuchen musste, gegen uns vorzugehen, nachdem wir in
Berlin in FedCon-Größen vorgestoßen waren, war doch vorherzusehen. Dass
es überflüssig war, weil wir längst beschlossen hatten wieder eine
Nummer kleiner zu werden ist da eine andere Sache. Ich denke, die
Konkurrenz hat für die Fans eine Reihe positiver Effekte gehabt (unsere
Aktion mit J.G. und Robert auf der FedCon, die deutlich angewachsene
Durchschnitts-Gästeliste einer deutschen Con, etc.).
Persönlich gefiel mir das Verhältnis im letzten Jahr am besten: jeder
geht seinen eigenen Weg und lässt den anderen machen. Ein richtiges
Verhältnis gibt (und gab) es eh nicht. Niemand von uns kennt den anderen
näher als aus ein oder zwei Gesprächen, und die waren eher taktischer
Natur als auf einen Informationsaustausch ausgerichtet.
Mit der Lizenzierung des STCE zum offiziellen Fanclub Deutschlands hat
sich ja das eine oder andere in Deutschland geändert. Wie schätzt Du das
ein? Inwieweit waren die damit einhergehenden Änderungen bedeutend, sind
sie gut für das deutsche Fandom und sitzen seitdem nicht die FedCon, bzw.
die dahinterstehenden Leute endgültig am längeren Hebel, was z.B. die
Stars angeht und die Lizenzangelegenheiten?
Gut ist ein so ein Quasi-Monopol mit Sicherheit nie. Andererseits gibt
es immer Mittel und Wege gerade für kleinere Konkurrenten auch neben
einer solchen Übermacht weiter zu existieren. Eine weitere Convention der
FedCon-Größe, die dadurch wohl unmöglich wurde, braucht Deutschland eh
nicht.
Auf alles Andere (z.B. Stargäste) hat diese Angelegenheit eher geringen Einfluss.
Was hat die Galileo7 anderen Conventions voraus? Was ist ihre
spezifische Charakteristika? Warum sollten die Leute Deiner Meinung nach
zur Galileo7-V in Goslar fahren, die ja am letzten September-Wochenende
stattfindet?
Die Galileo7 war immer eine sehr fannahe Veranstaltung. Das war unser
Ziel. Wir haben stets eng mit einer Menge von Leuten aus dem Fandom
zusammengearbeitet. Außerdem haben wir uns immer bemüht Vorschläge, die
umsetzbar waren, auch zu realisieren. Ich denke wir waren auf den Cons
stets für jeden, der ein Problem hatte ansprechbar und haben die meisten
davon auch schnell lösen können. Dass es dabei nicht immer 100%ig
professionell zuging, haben wir nie als Manko gesehen. Wir hatten
untereinander und auch mit
diversen Fans unsere Meinungsverschiedenheiten, am Ende haben fast alle
davon aber dazu beigetragen die nächste Con besser werden zu lassen. Von
Anfang an gab es einen inneren Kreis von Leuten, der die Con gestaltet
hat. Dieser bestand fast nur aus Mitgliedern unseres privaten
Freundeskreises und dabei nur zu einem sehr geringen Prozentsatz aus Star
Trek - Fans. Das machte viele Dinge leicht oder überhaupt erst möglich,
machte es aber "Fremden", die sich stärker einbringen wollten,
zum Teil auch schwer. Die Atmosphäre, die dadurch geschaffen wurde, ist
wohl eines der wichtigsten Merkmale der G7-Cons. Sie übertrug sich
schnell auf Fans und Stars und sorgte für eine Nähe zwischen allen
Parteien, die denke ich allen viel Spaß bereitet hat und die eine oder andere
brenzlige Situation entschärft hat.
Nebenbei bemerkt ist Goslar selbst eine der schönsten Städte, die ich
kenne, und das sage ich nicht nur, weil ich zufällig dort wohne... ;-).
Eine zunehmend tragende Rolle im Fandom hat ja in den vergangenen
Jahren auch das Internet eingenommen. Wie siehst Du das? Ist das starke
Wachstum der deutschen Conventions vielleicht auch damit ein Einklang zu
bringen? Nicht zuletzt ist ja jede Con inzwischen auch sehr um ihren
Internet-Auftritt bemüht und darum, dass sie halbwegs einflussreiche Internet-Partner besitzt. Damals war das Sprachrohr zu den Fans ja in
erster Linie das Netzwerk der kleinen Clubs und TrekDinner - sicher auch
das Fernsehen, also Sat1.
Das Internet gibt auch kleinen Cons die Möglichkeit, viele Leute zu
erreichen. Es ist eine Chance, die Diskussion über das eigene Produkt im
Überblick und ein wenig unter Kontrolle zu halten (über Foren
beispielweise).
Allerdings hat es auch zum Verschwinden der "Lichtgestalten" des
Fandoms geführt, die noch vor einigen Jahren der Schlüssel zur Meinung
der meisten aktiven Fans waren. Ein weiterer negativer Punkt ist
sicherlich das extreme Wachstum der Gerüchteküche. Die Anonymität des
Ganzen hat zusätzlich dazu beigetragen, dass das Medium des öfteren missbraucht
wurde. Andererseits ist das Internet wie gesagt im Ansatz
begriffen, eine Alternative zu anderen Sprachrohren wie Sat.1 und diversen
Printmedien zu werden, die allesamt sehr
in bestehende Strukturen eingebunden sind, und es daher Neulingen sehr
schwer machen, die Öffentlichkeit zu erreichen.
Eine Frage, die wohl jeder Con-Besucher sich schon mal gestellt hat:
Was kostet eigentlich die Durchführung einer Convention?
Eine gute Frage. Eine Convention, so wie ich den Begriff verstehe, lässt sich für ca. 50 DM auf die Beine stellen: Einen Raum besorgen, ein
bisschen Programm ausdenken, ein paar Leute einladen und ein paar
Getränke organisieren. Fertig! Eine Con in der Größenordnung von Goslar
bewegt sich sehr schnell im sechsstelligen Bereich und eine Con wie die
G7-III kostet schnell eine halbe Million Mark und mehr. Daran kann man
sehen, dass nur durch die Eintrittsgelder der Fans ein solches Event kaum
zu refinanzieren ist.
Wo wir beim Thema Geld sind: Wie ist man eigentlich mit UNICEF
verblieben?
Die zugesagte Spende (insgesamt mehr als DM 40.000) ist an UNICEF
gegangen, bzw. geht immer noch nach einem festen Zahlungsplan. Mehr gibt
es dazu eigentlich nicht zu sagen. Es ist mir immer noch ein Rätsel, warum
Leute diese Summe angezweifelt haben, die keinerlei Einblick in die Zahlen
hatten, bzw. auch nicht auf der Con in Berlin waren um selbst nachgezählt
zu haben. Sei's drum. UNICEF hat die Zahlen geprüft und ist zufrieden und
mit dem Geld wurde ein gutes Werk getan. Darauf kommt es an.
Welche der bisherigen Galileo7-Conventions war die, die Dir persönlich
am besten gefallen hat?
Kann ich so wirklich nicht festlegen. Jede hatte ihre guten und
schlechten Seiten.
Wie geht es jetzt bei Dir weiter nach Aufgabe Deiner Mitarbeit bei der
Galileo7? Was erwartet Dich beruflich und sehen wir Dich vielleicht
irgendwann auch aktiv im Fandom wieder?
Zuerst einmal kann ich mich jetzt meinen vernachlässigten Studium
widmen. Ein paar andere Projekte stehen da noch in meinem Notizbuch. Wir
werden sehen, was daraus wird.
Wer einmal einem Convention-Organisator über die Schulter schauen
durfte, dem wurde klar, dass man dazu ein Workaholic sein muss. Fällst Du
jetzt nicht erst mal in ein symbolisches Loch, nun, wo der ganze damit
verbundene Stress von Dir abgefallen ist?
Anstrengend war es schon. Der Spaß an der Sache und eine Reihe unvergesslicher
und einmaliger Erlebnisse haben dafür aber ausreichend
entschädigt. Für mich gibt es genug Aufgaben, die zu erledigen sind, so dass
mir garantiert nicht langweilig wird. Die Entwicklung in Sachen Star
Trek und Conventions verfolge ich natürlich auch weiterhin mit Interesse.
Mit 19 die erste Convention zu organisieren
- wie kommt man darauf und vor allen Dingen: Wie macht man das in dem
Alter (in Bezug auf das Startkapital, den Erstkontakt zu den Stars, usw.)?
Die Idee war eigentlich nicht meine eigene, sondern stammte von Eike
Lorenz. Entstanden ist der Gedanke auf der Generations-II-Convention in
London. Was dort ablief und geboten wurde entsprach in vielerlei Hinsicht
viel mehr meiner Vorstellung von einer Convention, als das, was es damals
in Deutschland gab. Startkapital zu besorgen war nicht gar so aufwendig,
da die vorab benötigte Summe bei einer Convention prozentual ohnehin
nicht allzu groß ist. Das notwendige kaufmännische und rechtliche Know-how
lieferten mein Bruder Jürgen und Alexander Nette, die beide
ausgebildete Kaufleute sind. Der Erstkontakt zu den Stars war schon eine
abenteuerliche Angelegenheit. In diesem Zusammenhang gibt es ein paar
nette Geschichten, die allerdings den Rahmen hier sprengen würden.
Generell ist das nicht so schwierig, wie es sich manch einer vielleicht
vorstellt. Den Kontakt zu halten, und vor allem, das zu erfüllen, was man
vorher zugesagt hat (sowohl Fans als auch Stars gegenüber) ist der
weitaus schwierigere Teil. Umso komplizierter wird das
durch eine ganze Reihe innerer Abhängigkeiten der zu erledigenden oder
benötigten Einzelteile.
Welche Beziehung hast Du zu den bisherigen Gaststars der Convention? In
erster Linie geschäftlicher Natur oder auch freundschaftlich, so wie z.B.
mit J.G. Hertzler?
Das ist ganz unterschiedlich. Zu den meisten gibt es eine rein
geschäftliche Beziehung. Die kann jedoch von eher kühl und sachlich bis
hin zu sehr herzlich und freundschaftlich reichen. Ein paar Problemkinder
gab es
natürlich auch darunter. Zu wieder anderen blickt man einfach auf, auch
nachdem man mit ihnen zusammengearbeitet hat - William Shatner wäre da
bei mir so ein Fall. Die Ausnahme bildet mit Sicherheit J.G. mit dem mich
seit ein paar Jahren ein enges freundschaftliches Verhältnis verbindet.
Du hast angesprochen, dass das Internet zum Verschwinden einiger
"Lichtgestalten" geführt habe. Wer verkörperte diese Rollen
damals?
Namen würde ich da ungern nennen. Vor einigen Jahren gab es im deutschen
Fandom jedoch eine Reihe von Leuten, die maßgeblich und meinungsbildend
waren. Einige haben Trekdinner organisiert, andere Conventions oder
Magazine, wieder andere haben Fanfilme gedreht - es gab viele Arten. Diese
sehr aktiven
Leitfiguren, die auch maßgeblich bestimmten, in welche Richtung das
Fandom steuerte, sind nun nahezu ausgestorben. Gesteuert wird das Fandom
zu großen Teilen über kommerzielle Anbieter verschiedener Dinge. Das
finde ich etwas schade. Natürlich gibt es eine ganze Reihe löblicher und
erfolgreicher Ausnahmen, aber eben längst nicht mehr so viele und so
wichtige wie früher einmal.
Wie stellt sich eigentlich die lizenzrechtliche Situation für eine
Convention? Bzw. inwieweit ist ein Einfluss von Paramount vorhanden, bzw.
wie abhängig ist man von Paramount?
Diese Angelegenheit hat auf eine Convention sehr wenig Einfluss. Man muss ein wenig vorsichtig bei der Benutzung bestimmter Namen und Begriffe sein.
Allen anderen Beschränkungen unterliegt man schon von moralischer Seite
(z.B. keine "Raubkopien" von Artikeln (z.B. Fotos) zu machen,
etc.). Ich habe zum
Beispiel nie mit einem Offiziellen von Paramount über die Convention und
Lizenzen gesprochen, sehr wohl aber über andere Dinge, die einfach
wichtiger sind.
Möchtest Du noch einige abschließende
Worte an jemanden richten?
Ich möchte mich auch hier noch einmal bei allen Gästen unserer
Conventions bedanken. Die Galileo7 - Conventions haben wir alle zusammen
gemacht. Ich danke allen, die in irgendeiner Form geholfen haben - ganz
besonders
natürlich Jürgen, Christian, Eike, Kalle und Jörg - für das, was sie
mir ermöglicht haben. Allen Fans wünsche ich viel Spaß auf den
kommenden G7-Conventions und natürlich auch auf allen anderen, die Ihr
besuchen werdet.