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TNG 6.1 Gefahr aus dem 19. Jahrhundert Teil II


Time's Arrow Part II

von Yann-Patrick Schlame

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 46001,3
Das Außenteam der Enterprise hat sich inzwischen im San Francisco des 19. Jahrhunderts ein Quartier und angemessene Kleidung organisiert, Data aber noch nicht gefunden. Dr. Crusher entdeckt, dass die fremden Außerirdischen ihren Opfern offenbar die elektrochemische Energie des Nervenzentrums entziehen und diese Morde tarnen, indem sie nur von der Cholera befallene Personen töten, so dass diese wie Seuchenopfer aussehen.
Data wird indes von Guinan unterrichtet, dass sie den Eingang zu der Höhle gefunden hat, in der man in 500 Jahren seinen Kopf finden wird. Ihr Gespräch wird, wieder einmal, von Samuel Clemens belauscht, dem Gastgeber des Empfangs, auf dem Data Guinan gefunden hatte. Er ist der Meinung, die Besucher aus der Zukunft würden ein Komplott schmieden und sieht es als seine Aufgabe an, dies zu verhindern.
In einem Krankenhaus stößt das Außenteam auf frische triolische Spuren. Es scheint, als wären hier vor Kurzem zwei Fremde aufgetaucht, die einen Kranken getötet haben, so berichtet es zumindest ein anderer Kranker. Und tatsächlich erscheinen gleich darauf zwei gut gekleidete Fremde. Picard und seine Crew können die beiden fast überwältigen und nehmen dem Mann seinen Stock weg, dessen Knauf einem Schlangenkopf nachempfunden ist, doch dann können sich die Fremden wegteleportieren. Wegen des Krachs wird die Polizei auf die Crew aufmerksam, aber glücklicherweise konnte Data sie aufspüren und holt sie mit einer Kutsche ab, so dass sie fliehen können.
Im Quartier untersucht man den Stock; Data vermutet, dass er eine Verzerrung im Raum-Zeit-Gefüge herbeiführen kann, was sich beweist, als er mit einem Phaser darauf feuert: Der Schlangenkopf wird kurz lebendig und verschleudert einige Blitze.
Data kehrt mit Picard zu seinem Quartier zurück, wo Picard Guinan trifft - für sie ist es ihr erstes Treffen. Anschließend machen sich alle zusammen auf in die Höhle, wo starke triolische Wellen herrschen, doch dann erscheint Clemens mit einem Revolver in der Hand: Er glaubt, die Verschwörer hiermit entlarvt zu haben und will sie der Polizei übergeben, als auch noch die beiden Außerirdischen wie aus dem Nichts erscheinen und sich von Picard den Stock zurückholen. Data versucht sie aufzuhalten, doch vergebens, der fremde Mann kann ein Portal öffnen und verschwindet mit Data. Der Rest der Crew folgt ihnen durch das Portal, wie auch Clemens. Picard bleibt zurück bei der verletzten Guinan und der ebenfalls verletzten Außerirdischen. Außerdem wurde Data beschädigt: Sein abgetrennter Kopf liegt in der Höhle...
Riker und das Außenteam sind sicher zurückgekehrt, und man hat Datas Körper bei sich. Geordi versucht, Datas 500 Jahre alten Kopf, den man ja zu Beginn der ganzen Geschichte auf der Erde fand, auf den Körper zu montieren, was aber zunächst fehlschlägt.
Riker möchte von der Guinan des 24. Jh. wissen, was damals passiert ist, als Picard bei ihr in der Höhle war, doch sie kann es ihm nicht sagen, da das seine Entscheidung beeinflussen könnte. Worf schlägt vor, einige Torpedos in die Höhle auf Devidia II zu schießen, wo die Außerirdischen ihr Zeitportal haben, um zu verhindern, dass noch mehr von ihnen in die Vergangenheit reisen und Menschen töten. Widerwillig stimmt Riker zu und gibt den Feuerbefehl, obwohl dann jegliche Möglichkeit verloren geht, den Captain jemals aus der Vergangenheit zu holen. Im letzten Moment bittet Geordi ihn, nicht zu feuern: Data funktioniert wieder und hat eine Nachricht von Picard, die besagt, dass man möglicherweise die Erde zerstören wird, wenn man die Höhle auf Devidia mit normalen Torpedos beschießt. Dieses Wissen hat Picard von der Außerirdischen, die sich mit ihm und Guinan in der Höhle befand. Also muss man die Torpedos modifizieren, damit die Explosion im Gefüge der Fremden stattfindet, was einige Stunden dauert. Riker will in der Zwischenzeit noch einmal in die Vergangenheit reisen, um den Captain zu holen, doch Crusher warnt ihn, dass sie nur ein Portal erzeugen kann, durch das nicht mehr als ein Mensch zurückkehren kann. Also bietet sich Clemens an, in seine Gegenwart zurückzukehren und den Captain zurückzuschicken. Da er ein berühmter Autor ist, muss er in seiner Zeit ohnehin noch einige Bücher schreiben und sollte sich nicht im 24. Jh. aufhalten. Riker stimmt zu, und so trifft Clemens wenig später in der Höhle in San Francisco auf Picard, dem er mitteilt, wie sich nach Geordis Erkenntnissen das Portal öffnen lässt. Picard verabschiedet sich von Clemens und kehrt im letzten Moment in die Zukunft zurück, bevor Riker mit den modifizierten Torpedos die Höhle vernichtet.




Bewertung

Der zweite Teil der Doppelfolge löst auf interessante und zum Teil unerwartete Weise die Probleme, die der erste Teil aufwarf, also Datas scheinbaren Tod und die Reise in die Vergangenheit des Außenteams. Dadurch, dass Picard dem Rest des Teams zunächst nicht folgt, sondern mit Guinan in der Höhle bleibt, wird bis zum Schluss die Spannung erhalten, denn es gelingt erst im letzten Moment, ihn an Bord der Enterprise zu beamen, bevor die modifizierten Torpedos das Portal vernichten.
Zum ersten Mal wird hierbei das Thema "Zeitreise" zum Mittelpunkt eines Zweiteilers in TNG, und da wird man natürlich mit einigen illustren Herren bekannt gemacht: Datas Zimmerpage erweist sich als Jack London, der die Idee zu einer Reise nach Alaska von einem anderen wichtigen amerikanischen Autor hat, der in dieser Episode ebenfalls zu sehen ist: Samuel Langhorne Clemens ist als Autor bekannt geworden unter dem Namen Mark Twain. So begegnet die Crew auf ihrer ersten Zeitreise also zwei Ikonen der irdischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Deanna bekommt Gelegenheit, Twain von der perfekten Gesellschaft des 24. Jh. zu überzeugen, nachdem er zunächst die gesamte Crew des Außenteams für Verschwörer hielt, die den Menschen Böses wollen.
Eine weitere markante Begegnung ist die zwischen Picard und Guinan in der Vergangenheit. Für Picard ist Guinan zu diesem Zeitpunkt längst eine sehr gute Freundin, doch für Guinan ist es ihre erste Begegnung, und sie muss noch 500 Jahre warten, bis sie den Captain wieder zu Gesicht bekommt. Unter diesem Aspekt betrachtet ist es schade, dass Guinan nie richtig in TNG eingeführt wurde, sondern ab der zweiten Staffel einfach da war. Andererseits ist rückblickend betrachtet das gute Verhältnis, das sie zu Picard hat, durch diese Episode auf glaubwürdige Weise bestätigt; zwar hat man nie zuvor erfahren, dass Guinan Picard bereits kannte, was ja auch logisch ist, da sie ihm nicht von der Begegnung in der Vergangenheit erzählen durfte, bevor sie stattfinden würde, aber ihr Verhalten in der Vergangenheit wird durch diese Enthüllung keineswegs unlogisch oder unglaubwürdig, im Gegenteil erscheint ihr gutes Verhältnis dadurch noch bestätigt.

Etwas unschön fällt die Lösung des Außerirdischenproblems auf: Ziel der Mission ist es, die Außerirdischen davon abzuhalten, weiterhin Menschen zu töten. Für gewöhnlich hätte man erwartet, dass wenigstens versucht wird, eine diplomatische Lösung zu finden. Aber abgesehen von einem kurzen Gespräch zwischen Picard und der außerirdischen Frau, in dem die Frau sagt, dass es keinen Ersatz für die elektrochemische Energie gibt, die sie den Menschen als Nahrung entziehen, wird hierauf nicht weiter eingegangen. So muss man davon ausgehen, dass Riker mit den Torpedos nicht nur das Portal der Außerirdischen in der Höhle auf Devidia II vernichtete, sondern auch mindestens die fünf von ihnen, die dort anwesend waren, tötete, nicht zu vergessen mögliche weitere, die nun keine Nahrung mehr erhalten. Ein solches Vorgehen ist für Star Trek sehr ungewöhnlich und führt Deannas Äußerungen über die heile Föderationswelt des 24. Jh. ad absurdum.

Um noch einmal auf Samuel Clemens einzugehen: Die Maske hat hervorragendes geleistet, denn Darsteller Jerry Hardin (bekannt beispielsweise als Deep Throat in der Serie Akte X) sieht original aus wie der echte Mark Twain, soweit sich das durch Fotos belegen lässt. Doch der Charakter mutet etwas merkwürdig an: So beschreibt die Brockhaus Enzyklopädie Twain als "... ursprünglich so lebensgläubigen, freilich schon immer stark sozialkritisch eingestellten Erzähler...", dessen Spätwerk von Pessimismus überschattet wird. Der Twain, der hier präsentiert wird, wirkt eher wie ein zukunftsgläubiger Visionär, also etwa, wie man sich Leonardo da Vinci vorstellt (siehe u.a. VOY "Scorpion"). Es erweckt den Eindruck, dass man ob der günstigen Gelegenheit, dass sich die Crew zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufhält, nicht darauf verzichten wollte, jemanden wie Mark Twain in die Handlung zu integrieren, damit Picard einen weiteren großen Mann der Geschichte kennenlernt, doch der Versuch hätte gelungener sein können.

Die Lösung der Data-Problematik ist da weit besser, indem man einfach den 500 Jahre alten Kopf auf den wieder mit in die Zukunft gereisten Körper setzt. So erfüllen sich die Prophezeiungen des ersten Teils, ohne dass Data verlorengeht. Auch fehlt ihm kein Teil des Gedächtnisspeichers, wodurch er nach wie vor voll funktionsfähig ist. Es wäre allerdings schön gewesen, wenn man in den kommenden Episoden erwähnt hätte, dass Datas Kopf bereits so alt ist, was leider nicht getan wird.

Besonders gelungen sind, wie im ersten Teil, die Kostüme des 19. Jh., in denen sich nun auch fast die gesamte Brückencrew bewundern lässt (Worf ist aus offensichtlichen Gründen nicht mit von der Partie), wohingegen die Requisite erneut nur winzige Ausschnitte zeigt, so dass das 19. Jh. nicht richtig lebendig wirken will, trotz diverser Statisten.

Eine weitere interessante Sache ist die Erwähnung O'Briens: Riker drängt am Ende der Episode O'Brien per Kommunikator, den Captain aus der Höhle zu beamen und fragt dann nach, ob der Captain an Bord ist. Die Antwort, ebenfalls per Kommunikator, kommt von Picard: "Das bin ich, Nummer Eins!" Colm Meaney ist in dieser Episode nicht selbst dabei, trotzdem wird O'Brien erwähnt. Das beleuchtet, wie sehr er bereits zu TNG dazugehört, denn die Ehre des Genanntwerdens bei Nichtanwesenheit gebührt nur wenigen.

Insgesamt ist "Gefahr aus dem 19. Jahrhundert (2)" trotz einiger Situationskomik und einer interessanten, obgleich leicht verworrenen Handlung, keine sensationelle Episode. Von der Fortsetzung hätte man mehr erwarten können.

Spannung: 5 SFX: 5 Handlung: 4 Gesamt: 5
Zusammenhänge
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Ausdruck vom: 18. 04. 2024
Stand des Reviews: 21. 09. 2021
URL: http://www.startrek-index.de/tv/tng6_1.htm