Nachdem sich die Spieleecke bisher vor allem mit kommerziellen
Computerspielen beschäftigt hat, wird dieses mal eine andere Art von
Spiel, nämlich eines der vielen Chat-Rollenspiele, die das Leben und
Handeln im Star Trek-Universum simulieren, behandelt.
Gegenüber kommerziellen Titeln hat ein Chat-Rollenspiel jedoch einige
Vorteile, erstens benötigt man nur ein Chatprogramm (zum Beispiel Mirc
oder MS Chat), da die Handlung nur als Text erscheint.
Zweitens ist die Teilnahme für gewöhnlich umsonst, da die
Privatpersonen, die ein RS betreiben dies aus Spaß an der Sache tun
und keine kommerziellen Zwecke verfolgen.
In diesem Bericht werde ich vor allem auf das Rollenspiel SF-HQ
( www.sf-hq.de)
eingehen, in dem ich seit mittlerweile über einem Jahr Mitglied bin.
Jedoch sind die grundlegenden Eigenschaften in allen Rollenspielen mehr
oder weniger identisch.
Art des Spiels
Vielen mögen beim Wort Rollenspiel Pen and Paper-Titel wie "Das
Schwarze Auge" (DSA) oder „Shadowrun“ einfallen. Computerspielern
vielleicht Titel wie "Fallout", "Baldurs Gate" und Onlinespielern Titel
wie "World of WarCraft" oder "Star Wars: Galaxies".
Ein Chat-Rollenspiel kann man sich als eine Art Mischung dieser Titel
vorstellen.
Ähnlich wie in Pen and Paper-Rollenspielen fehlt die grafische
Darstellung des Ortes, sowie das Bedienen des Spiels.
Außerdem folgt das Spiel keiner vorgegebenen Programmierung wie
klassische Computerrollenspiele.
Wie beim Pen and Paper-Rollenspiel entscheidet der Spielleiter anhand der
Handlung der Akteure, denn erst durch die Zusammenarbeit der Spieler
entsteht ein richtiges Spielgefühl.
Dem Spieler steht die Entwicklung seines Charakters vollkommen frei.
Einzige Einschränkungen sind eventuelle Vorgaben, sowie Logik und
Vernunft.
Ablauf der Missionen
Normalerweise verfügt ein Chat-Rollenspiel über eines oder
mehrere Schiffe, deren Besatzungen sich zu festgelegten Terminen in der
Woche treffen.
In der SF gibt es derzeit 5 aktive Schiffe, wobei je eines montags,
dienstags und mittwochs fliegt, am Sonntag sind es sogar 2.
Dabei wird jedem Mitglied gemäß seiner Zeitdaten ein
Stammschiff zugewiesen, an dessen Missionen die Teilnahme verpflichtet
ist, außer das Mitglied kann mal aus besonderen Gründen nicht
teilnehmen.
Eine Mission dauert 2 Stunden. Zu Beginn versammeln sich alle Mitglieder
der Stammcrew, sowie etwaige Gäste anderer Schiffe, die ebenfalls an
der Mission teilnehmen möchten, im Chat-Raum des Schiffs.
Die Stammcrew nimmt ihre durch die Personalabteilung zugewiesenen Posten
ein und der CO (Kommandierende Offizier) weist den Gästen Posten zu,
um auch ihnen eine Teilnahme an der Mission zu ermöglichen.
Anschließend macht der CO einen kurzen Logbucheintrag in Form eines
Textes, damit die Besatzung grob weiß, was sie erwartet.
Anschließend gibt der CO seine Anordnungen an die Besatzung und an
die Asse.
Als Ass bezeichnet man die Spieler, die für die Dauer einer Mission
die Aufgabe übernehmen die NPCs (Nichtspieler-Charaktere) zu spielen.
Dabei reicht die Bandbreite der Ass-Rollen von einem klingonischem
Botschafter, über Seekühe bis zu Borg-Kuben oder
Umweltphänomenen.
Sollte sich nicht jedes Besatzungsmitglied durch die direkte
Haupthandlung in die Mission einbinden lassen, spielen die anderen
Crewmitglieder in Absprache mit dem CO Nebenhandlungen.
Zum Beispiel kann das Schiff eine Weltraumanomalie untersuchen, was nicht
jedes Besatzungsmitglied beschäftigt.
Zusätzlich zur Haupthandlung wird dann eine Nebenhandlung gespielt,
in der z.B. ein klingonischer Botschafter zu einer Konferenz gebracht
werden muss.
Da dieser mit den Verzögerungen der Reise nicht einverstanden ist,
ist Unterhaltung vorprogrammiert.
Durch die "militärische" Gestaltung des RS ist auch eine
Befehlsstruktur gegeben, sodass es nicht zu allzu großem Chaos
kommen sollte.
Natürlich kann es immer zu Missverständnissen kommen, doch hier
greift dann der Spielleiter ein, der je nach persönlichen Vorlieben
mehr oder weniger Vorgaben macht.
Natürlich wird ein Spieler auch befördert oder ihm werden
Auszeichnungen verliehen.
Dies wird durch ein Punkte-System geregelt, bei dem der Spieler nach
jeder Mission je nach Teilnahme Punkte zugeschrieben bekommt.
Die Verwaltung des Punktestands und der Personalakten übernimmt die
Personalabteilung, über die später noch berichtet wird.
Das Drumherum
Im Gegensatz zu den kleineren Rollenspielen gibt es in der SF und anderen
großen Rollenspielen auch ein Spiel außerhalb der Missionen.
Ein Beispiel für aktives Rollenspiel außerhalb der Missionen
ist der Pub.
Hier treffen sich die RS-Mitglieder außerhalb der Missionen und
spielen das Leben ihres Charakters außerhalb dem regulären
Dienst.
Hier ist alles erlaubt, von Liebeleien über Saufgelage,
Schlägereien bis zum Feiern von Parties usw..
Außerdem ist eine der drei Abteilungen des Rollenspiels der aktiven
Gestaltung des Rollenspiels gewidmet.
Diese Abteilung nennt sich Deep Space 12.
In ihr sind wiederum mehrere Arbeitsgemeinschaften (AGs) vereint, die
verschiedene Aufgaben verfolgen. Zur Zeit sind dies folgende AGs:
- Storyline: Diese AG beschäftigt sich damit dem ganzen Rollenspiel eine einheitliche Geschichte zu geben. Außerdem werden hier größere schiffsübergreifende Handlungsbögen geplant.
- Diplomatisches Corps: Diese AG arbeitet neue Rassen speziell für die SF aus. Diese können dann zur Gestaltung der Missionen herangezogen werden.
Außerdem hält das Diplomatische Corps auch Kontakt zu anderen Rollenspielen, um z.B. einen Offiziersaustausch oder Kooperationen anderer Art zu organisieren.
- Utopia Planitia: Diese AG ist für die Instandhaltung der Schiffe und der Konstruktion neuer Schiffe verantwortlich.
- Jupiter Werft: Diese AG forscht an neuen Technologien für das RS und zur Verwendung in den Missionen.
- Medical Unit: Diese AG widmet sich der Forschung auf medizinischem Gebiet.
Es steht jedem Mitglied des Rollenspiels frei in einer dieser AGs
mitzuarbeiten und so auch außerhalb der Missionen das Rollenspiel
gestalterisch zu erweitern.
Die Administration des RS
Je nach Größe des Rollenspiels muss man der Verwaltung auch
mehr Aufwand widmen.
Im Rollenspiel fällt dies vor allem zwei Abteilungen, sowie den
Führungsoffizieren und dem Rat zu.
Die Führungsoffiziere der Schiffe stehen in Kontakt zur RS-Leitung
und geben nach der Mission Bewertungen der Besatzungsmitglieder ab, die
dann zu Beförderungen und Orden führen.
Außerdem sind sie erster Ansprechpartner sollten Probleme bei
Missionen auftreten.
Der Rat stellt eine Art repräsentative Versammlung dar.
Jede Ranggruppe wählt aus ihren Reihen einen Vertreter, der dort die
jeweiligen Interessen vertritt.
Der Rat findet sich einmal pro Monat ein und fällt Entscheidungen
über Regeländerungen, wichtige Ernennungen (wie z.B. die von
Kommandanten und Abteilungsleitern) oder über weitere Arten von
Anträgen, die von jedem RS-Mitglied gestellt werden können.
Die Akademie ist für die Ausbildung der Spieler zuständig.
Hier erhält jeder Spieler seine allgemeine und fachspezifische
Ausbildung.
Natürlich steht es den Spielern frei zusätzlich zu ihrer ersten
Ausbildungen auch weitere Vorlesungen zu besuchen und sich so für
weitere Posten zu qualifizieren.
Außerdem ist für Offiziere mit dem Rang des Lieutenant
Commander Pflicht den Kommandokurs zu besuchen.
Die Hauptlast der Verwaltung trägt jedoch die Personalabteilung.
Diese verwaltet den Punktestand jedes Mitglieds und versendet
Beförderungsmail, Ordensverleihungen und Versetzungen, was bei
derzeit 50 Mitspielern und 5 aktiven Schiffen einen großen Aufwand
darstellt.
Außerdem ist der Personalabteilung die AG der Mentoren untergeordnet.
Diese führen neue Mitspieler ins Rollenspiel ein, beantworten ihnen
Fragen, begleiten sie in den ersten Missionen und stehen ihnen als
Ansprechpartner immer zur Verfügung.
Die Offizierslaufbahn
Jede Mitgliedschaft beginnt mit einer Anmeldung.
Hier werden allgemeine Informationen, wie die Wochentage, an denen man
Zeit hat, die gewünschte Ausbildung, sowie Spezies, Name und Alter
des Charakters angegeben.
Anschließend erhält man eine Bestätigung der
Personalabteilung und bekommt einen Mentor zugewiesen, der den Neuling
von nun an bis zum Erreichen des Rangs Ensign begleitet.
Es folgt eine Einladung zur jeden Donnerstag um 20.00 Uhr stattfindenden
Akademie, wo man seine Ausbildung bekommt.
Von nun an trägt man den Rang Kadett und ist zur aktiven Teilnahme
an den Missionen berechtigt.
Zur Ausbildung gehören der Grundkurs, der allgemeine Informationen
zum RS vermittelt und der fachspezifische Kurs.
Folgende Fachrichtungen werden an der Akademie gelehrt:
Technik, Ops (Wissenschaft), Conn (Steuerung und Kommunikation),
Taktik/Sicherheit, Medizin, Counselor (als Fortbildung zu Medizin) und
Kommando (ab dem Rang Lieutenant Commander).
Eine Woche nach Erhalt der Kurse findet eine theoretische Prüfung
statt, die den Inhalt der Kurse abfragt, sowie eine praktische
Prüfung, in der eine verkürzte Mission geflogen wird, in der
geprüft wird, ob der Kadett mit dem Ablauf einer Mission
zurechtkommt.
Sollte man donnerstags keine Zeit haben, kann die Ausbildung und
Prüfung auch an anderen Wochentagen stattfinden.
Nach bestandener Prüfung wird man in den Rang eines Crewman
befördert und gemäß Zeitdaten und Ausbildung auf eines
der Schiffe versetzt.
Von nun an ist man vollwertiges Mitglied des RS und nimmt wie oben
beschrieben an der Stammmission und weiteren Missionen teil.
Beim Erreichen eines bestimmten Punktestands oder Erreichen einer
gewissen Dienstzeit (vorausgesetzt, man ist zu seinen Pflichtmissionen
erschienen) folgt nach einiger Zeit die erste Beförderung.
Diese begleiten einen Offizier die ganze Laufbahn lang, ebenso wie
Ordensverleihungen.
Außerdem kann ein Mitglied ab Crewman sich auch um freie
Abteilungsposten bewerben, sollten die Rangbeschränkungen das
zulassen.
Des Weiteren kann es zu personell bedingten Versetzungen kommen, sodass
man auch ein wenig auf den Schiffen herumkommt und so eine Menge Leute
mit ähnlichen Interessen kennen lernt und auch außerhalb des
Spiels Kontakte knüpfen kann.
Außerdem eröffnen sich durch einen höher werdenden Rang
auch weitere Möglichkeiten, zum Beispiel die Möglichkeit zur
Aufnahme eines Professorenamts an der Akademie, eines Mentorenpostens,
Abteilungsleiterpostens oder einem leitenden Posten auf einem Schiff, bis
hin zum eigenen Kommando, eben eine „echte“ Sternenflottenkarriere.
Bei einigen Mitgliedern dauert diese Karriere schon 4 Jahre (= 48 Jahre
im RS)
Fazit
Für Personen, die nur ein paar Minuten zwischendurch zocken wollen,
eignet sich die Mitgliedschaft in einem Chat-RS nicht, da diese den
Spielbetrieb eher behindern, als fördern.
Jedoch kann ich Personen, denen die mangelnde Handlungsfreiheit und
Unpersönlichkeit in „normalen“ Computerspielen schon immer ein Dorn
im Auge war, die Teilnahme an einem Chat-RS nur empfehlen.
Außerdem finden sich in den Reihen der SF auch einige ehemaliger
Pen and Paper-Rollenspieler, die zwar schon RS-Erfahrung hatten, aber das
Nichtvorhandensein von Regeln (oder Würfelwürfen)
begrüßen.
Meine eigenen Erfahrungen waren größtenteils positiv,
natürlich gab es Reibereien, aber anders als bei einem verbuggtem
Computerspiel kann man etwaige Probleme durch Aussprache mit den
betreffenden Personen regeln.
Als ich vor über einem Jahr diese Art des Spiels noch kritisch
beäugte, hätte ich nicht gedacht, dass es mir einmal so viel
Spaß machen würde.
Interview mit Fleet Admiral Cascal
DSi: Stell dich und deine Aufgaben im RS bitte kurz vor.
Cascal: Ich bin Fleet Admiral Cascal, Leiter und Mitbegründer
dieses Rollenspiels.
Inzwischen beschränke ich mich auf die reine
Managementtätigkeit im RS und nehme selber nicht an Missionen teil.
Ich plane als Leiter der Personalabteilung die Crews, sodass jeder einen
Posten bekommt in dem er ausgebildet wurde und dies auch an den Tagen an
denen er Zeit hat.
Im Großen und Ganzen kümmere ich mich um alle administrativen
Arbeiten die anfallen.
DSi: Wie lange gibt es die SF schon?
Cascal: Seit April 2000, also seit über 4 Jahren, was für ein
Rollenspiel im Internet eine recht lange Zeit ist. Ich hoffe es werden 40
Jahre draus ;-)
DSi: Wie seid ihr auf die Idee gekommen ein Online-Rollenspiel zu machen?
Cascal: Admiral One und ich waren bereits vorher in einem Chat-Rollenspiel.
One hatte mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte mit ihm selbst ein
RS nach unseren Vorstellungen aufzuziehen.
Es hat sich als lohnend erwiesen. Wir bieten inzwischen 50 Members ein
Hobby.
DSi: Wie viele Personen wart ihr am Anfang.
Cascal: Gründungsmitglieder 3 wovon 2 Überlebt haben.
Plus 4 oder 5 Mitglieder der ersten Stunde.
DSi: Gab es Anlaufschwierigkeiten, wenn ja welcher Art?
Cascal: Schwierigkeiten gab und gibt es immer wieder. Zum Beispiel, wenn
Mitglieder nicht zu ihren Stammmissionen kommen und das, ohne sich
abzumelden kann die Mission in Gefahr auszufallen. Das zieht den Unmut
der Members mit sich, die da sind und nicht spielen konnten, weil andere
einfach wegblieben. Klar, es kann immer was dazwischen kommen (Beruf /
Krankheit / Familie) aber man soll wenigstens bescheid sagen. Nur weil
bei uns kein Geld gezahlt wird, heißt es nicht, dass man machen
kann was man will. Schließlich investieren manche Members auch viel
Zeit in das Rollenspiel.
Es war schwierig an Members zu kommen, da es auch noch andere
Rollenspiele gab und diese manchmal etwas liberaler sind als wir.
DSi: Wie viel Zeit investierst du in die SF?
Cascal: Hm, wollt ihr das wirklich wissen?
Circa 20-30 Stunden in der Woche.
Um niemanden zu verscheuchen: Bei einem normalen Mitglied wird erwartet,
dass es 2 Stunden für die Mission übrig hat und vielleicht
jeden oder alle 2 Tage seine Emails abruft und regelmäßig ins
Forum guckt. Da würde ich auf 3-4 Stunden kommen.
DSi: Gab es große Veränderungen im Rollenspiel, seitdem es
existiert?
Cascal: Das Rollenspiel ist einem ständigen Wandel unterworfen. Um
mithalten zu können muss es ständig verbessert werden.
Außerdem lernt man ständig dazu. Inzwischen hat es 3
Punktereformen in der SF gegeben. Neulich erst haben wir eine Verfassung
im Rat verabschiedet, in der (fast) alle Regelungen der SF stehen.
Da jedes Mitglied Anträge im Rat stellen kann, ist eine
ständige Verbesserung des Rollenspiels ständig gegeben.
DSi:Warum machst du dir überhaupt so viel Arbeit?
Cascal: Es macht mir einfach Spaß. Besonders wenn ich sehe, was
erreicht wurde. Wir bieten, wie schon erwähnt, 50 aktiven Members
ein Hobby, wobei das Alter von 14 bis 40 reicht. Durch das Rollenspiel
entwickeln sich viele Freundschaften, die auch im Real-Life bestand haben.
DSi: Warum habt ihr einen Zeitpunkt soweit von den Serien entfernt als
Handlungszeitraum für das RS gewählt?
Cascal: Wir haben uns entschlossen, dass ein RS-Jahr einem Monat Reallife
entspricht, sodass ein Altern eines Chars auch gegeben ist. So machen die
Beförderungen auch mehr Sinn. Schließlich wird man eher nach
Jahren befördert und nicht nach Monanten. Somit ist ein Zeitpunkt
entstanden der weiter von den Serien liegt. Außerdem wollen wir uns
ja auch weiterentwickeln und neue Technologien schaffen. Dies ist nur
möglich, wenn das RS in der Zukunft spielt
DSi: Von welchen Faktoren hängt die Entwicklung der Mitgliederzahl
ab?
Cascal: Wenn ich das wüsste hätten wir schon 100 ;-)
Zum einen sicherlich durch die Beliebtheit der Serien. Dann haben wir im
Winter mehr Zugänge und während der Ferien, meist zum Ende der
Ferien.
DSi: Was plant ihr im RS für die Zukunft?
Cascal: Die Mitgliederzahl halten und verbessern. Ansonsten schauen wir
mal, was da kommt.
DSi: Vielen Dank für das Interview