DSi

DS9 6.11 Das Gute und das Böse


Waltz

von Burkhard Wallner

Episodenbeschreibung

Sternzeit 51408,6
Captain Sisko befindet sich an Bord der fliegenden U.S.S. Honshu und besucht einen Mann in der Gewahrsamszelle: Gul Dukat. Sisko macht sich Gedanken über den Cardassianer, der in der Vergangenheit schwere Schicksalsschläge einstecken musste und scheinbar ein gebrochener Mann ist. Erstaunlicherweise begrüßt Dukat den Captain aber freundlich und erzählt ihm, dass die Ärzte ihm versichert hätten, dass er sich gut erholt habe. Dann thematisiert Dukat die möglicherweise anstehende Gerichtsverhandlung der Sternenflotte gegen ihn. Sisko entgegnet, dass er die Anklage nicht kenne und Dukat vorerst nur vor einer Sonderjury erscheinen solle. Was ihn, Sisko, angehe, so werde er im Sinne der Wahrheit aussagen. Dann spricht er Dukat sein Beileid zum Tod seiner Tochter Ziyal aus und der Gul akzeptiert dies nach kurzem Misstrauen. Sisko informiert den Gefangenen darüber, dass man am Folgetag auf der Sternenbasis 621 eintreffen und ihn dort vernehmen werde. Zuletzt bedankt sich Dukat noch bei Sisko über die gute Behandlung seiner Tochter auf DS9 während ihres Aufenthalts dort. Sisko entgegnet, dass sie eine ganz besondere junge Frau war. Er fragt den Cardassianer, ob er noch etwas für ihn tun könne und prompt bestellt Dukat eine Flasche Canar und eine Orion-Sklavin, als plötzlich der Alarm losgeht und die Honshu angegriffen wird.

Auf DS9 verkündet Major Kira auf der Ops die Nachricht von der Vernichtung der U.S.S. Honshu durch ein cardassianisches Kampfgeschwader. Neben drei Fluchtkapseln sei ein Shuttle entkommen. Nur zwei Sternenflottenschiffe könnten abgestellt werden, um die Überlebenden in den umliegenden Planetenystemen zu suchen. Eines davon ist die Defiant, die aber in 52 Stunden einen wichtigen Konvoi mit 30.000 Sternenflotten-Soldaten eskortieren soll. Es bleibt also kaum Zeit und man bekommt keine Sekunde länger, wie Kira Worf gegenüber klarstellt.

Sisko wird in einer Höhle am Lagerfeuer von Dukat geweckt. Der Captain ist an der linken Körperseite durch Plasmaverbrennungen verletzt. Dukat erzählt ihm von der Flucht von der explodierenden Honshu mit dem Shuttle, das er beschädigt auf einem unbekannten Planeten landete. Das Notfunkgerät des Shuttles befindet sich in der Höhle. Dukat hat es repariert und es sendet nach seinen Worten ein neutrales Notsignal aus. Sisko bedankt sich für seine Rettung und die Armschiene, die der Cardassianer ihm angelegt hat. Dukat will auf dem ungastlichen Planeten etwas zu essen suchen und verlässt die Höhle. Auf dem Weg nach draußen ist plötzlich Weyoun da und befragt den Gul, was er mit Sisko vorhabe. Dukat antwortet, dass es eine persönliche Sache zwischen ihm und dem Captain sei. Weyoun fordert von ihm, dass er Sisko tötet, Dukat will das jedoch nicht, vorläufg jedenfalls. Der Vorta verspottet ihn wegen seines “erbärmlichen” Verhaltens im Krankenhaus und Dukat schießt auf den vermeintlichen Weyoun, der sich als Trugbild herausstellt.

Beim Essenzubereiten kommen der auf einer Decke liegende Sisko und Dukat ins Gespräch. Dukat erinnert sein Gegenüber daran, dass er möglicherweise dem Dominion in die Hände fallen könnte. Er lacht über diese Wendung des Schicksals, während Sisko zum Ausdruck bringt, dass ihm wohler wäre, wenn Dukat wieder in einer Föderationszelle stecken würde. Dukat lässt sich davon nicht beeindrucken und sucht weiter das Gespräch. Wie es Kira und Odo auf DS9 gehe? Sisko bleibt reserviert und abweisend. Der Cardassianer kommt auf die Bajoraner zu sprechen: Er habe von Anfang an nur vorgehabt, die geschlagenen Wunden zwischen Bajor und Cardassia zu heilen. Ob Sisko für ihn als alter Freund aussagen würde? Der Captain verneint eine Freundschaft, wiederholt jedoch seine Dankbarkeit für seine Rettung. Dukat scheint zum wiederholten Mal draußen etwas zu hören und geht wieder raus. Er trifft auf Damar, der ebenfalls von ihm den Tod Siskos fordert. Sisko schleppt sich zum Notfunkgerät und sieht, dass es in Wirklichkeit offline ist. Nachdem Dukat Damar “beruhigt” hat, kehrt er zu Sisko zurück, der ihn zur Überprüfung des Notfunkgeräts auffordert. Dukat kann jedoch nichts finden, wie er dem Captain versichert.

Die Defiant hat unter dem Kommando von Worf Überlebende der Honshu gefunden, jedoch noch keinen Hinweis auf Sisko. Dieser versucht in seiner schwer behinderten Lage inzwischen das Notfunkgerät selbst instandzusetzen, was ihm gelingt. Ein Notsignal wird auf der Defiant von Chief O’Brien empfangen.

Dukat kommt mit einer Matte zurück, um es dem bisher liegenden Sisko etwas erträglicher zu machen. Angelehnt an einen Felsen muss er sich von Dukat fragen lassen, was er wirklich von dem Cardassianer halte. Bevor Sisko antworten kann erscheint Dukat eine Trugbild-Kira, die ihm ins Ohr sagt, was er wirklich ist: Ein böser Verbrecher, der schon vor Jahren verurteilt und erschossen gehörte. Sisko bemerkt Dukats Wahnvorstellungen nicht. Der Gul fängt jetzt an sich selbst als das zu bezeichnen, was er in Wirklichkeit war, nämlich der böse Präfekt von Bajor, der Millionen Bajoraner auf dem Gewissen hat. Sisko entgegnet endlich, dass er keinen Sinn in dieser Diskussion sehe. Er könne und wolle ihn nicht beurteilen. Der Captain bemerkt, dass Dukat scheinbar ins Leere spricht und an ihn gewandt erneut seine Meinung über ihn hören will. Sisko gesteht ihm schließlich zu, dass er ja Soldat gewesen sei und Befehlen gehorchen musste. Die Trugbild-Kira lacht Dukat schallend aus ob dieser Ausrede und Sisko, der inzwischen gemerkt hat, dass sein Gegenüber unter Wahnvorstellungen leidet, versucht ihn zu bewegen, nicht auf die vermeintliche Kira zu hören.
Während die Defiant zwei andere Überlebende an Bord beamt, das Signal kam von ihnen, schießt Dukat in der Höhle auf “Kira” und entdeckt dabei die Manipulation des Notfunkgeräts durch Sisko. Er zerstört es und bezichtigt Benjamin des Verrats, den er aber gar nicht ausstehen könne. Er schlägt ihn mit einem langen Metallstab.
Auf der Defiant hat Jadzia Dax das Signal jedoch noch auffangen können. Obwohl die Zeit abgelaufen ist, nimmt das Schiff auf Worfs Befehl Kurs auf den dritten Planeten.

In der Höhle kommt es jetzt zur erregten Auseinandersetzung zwischen Dukat und dem um sein Leben ringenden Sisko. Er ist jedoch nicht bereit, Dukat die Absolution für weitere Verbrechen zu geben. Lieber solle er ihn erschießen. Dukat verspottet Sisko, dieser jedoch hält ihm seine Verantwortung für die Ermordung von 15 Millionen Bajoranern vor. Dukat rechtfertigt sich, sagt, er hätte auch Leben gerettet, die Todesrate um 20 Prozent gesenkt, hätte es schwer gehabt, aber die undankbaren Bajoraner hätten stattdessen Attentate und Terroranschläge verübt. Er sei bei seinen Vergeltungsmaßnahmen gerecht gewesen, trotzdem sei es Jahr für Jahr so weiter gegangen. Trugbild-Weyoun, -Damar und -Kira sind bei ihm und stimmen ihm zu. Sisko versucht im Gespräch mit dem gefährlichen Cardassianer zu bleiben, der die Bajoraner nun als unterlegene Rasse bezeichnet, die die Überlegenheit der Cardassianer nicht akzeptieren konnte. Dukat rühmt sein Volk als überlegene Rasse und kann den seiner Meinung nach dummen Stolz der Bajoraner nicht verstehen. Natürlich habe er sie dafür gehasst. Er hätte sie alle umbringen sollen. Sisko kann Dukat in einem günstigen Augenblick niederschlagen und flieht nach draußen zum Shuttle. Es gelingt ihm jedoch nicht zu starten, Dukat erscheint und wirft ihn aus dem Runabout. Vor seiner Flucht kündigt er noch den Tod aller Bajoraner an, schlägt den Captain brutal nieder und verschwindet.

Die Defiant empfängt ein Signal von Gul Dukat: Es ist der Aufenthaltsort Siskos. Der Captain erholt sich auf der Krankenstation und äußert zu Jadzia, dass er mit Dukat das wirklich Böse erlebt habe. Er werde nicht zulassen, dass dieser Bajor zerstört.




Bewertung

Die ultimative Charakterzeichnung des Gul Dukat: Unter dem Eindruck der in der Vergangenheit erlittenen Niederlagen lässt der Cardassianer vor Sisko die Maske fallen und man erkennt einen hin- und hergerissenen Charakter, der seine zutiefst verinnerlichten Verhaltensmuster nicht mehr überblicken, geschweige denn ablegen kann. Sein Mitgefühl für die Bajoraner ist nur vorgetäuscht, um sich in der Rolle des Beherrschers besser zu gefallen. Die zutiefst machohafte Vorstellung, die er hier abgibt, ist eigentlich eine Charakterstudie für Despoten im Großen und tyrannische Familienoberhäupter im Kleinen, von denen es leider viel zu viele in der Galaxis und auf der Erde gibt.

Spannend ist die Episode schon deshalb, weil noch mehrere Wege in die Zukunft offen sind. Es ist nicht von vornherein absehbar, was sich hinter dem manchmal sympathisch-lächelnden und andererseits verfinsternden Gesicht Dukats verbirgt. Aus früheren Folgen ist bekannt, dass der Gul auch völlig harmlos für seine Umgebung sein kann. Hier entscheidet er sich angesichts der nach der Zerstörung der Honshu unverhofft wieder erlangten Freiheit jedoch frühzeitig für eine eigentlich völlig unnötige Auseinandersetzung mit Sisko, den er trotz seiner Verletzung als gleichwertigen Gegner ansieht und dem er jetzt endlich einmal ungestört und allein gegenübersteht. Dabei fühlt man mit dem schwer verletzten Sisko und hofft, dass es ihm gelingt, die Defiant mit dem Notfunkgerät rechtzeitig zu erreichen, bevor Dukat völlig durchdreht. Das bedrohliche Anwachsen von Dukats Wahnvorstellungen und seines Misstrauens, seine zunehmend unkontrollierter werdenden Reaktionen lassen zumindest das Ende spannend werden, gleich wie es ausgeht. Natürlich weiß der Zuschauer, dass Sisko letztlich überleben wird, aber es ist trotzdem spannend, wie er diese für ihn hoch gefährliche Situation meistert, in der wohl niemand stecken möchte. Man weiß bis zuletzt auch nicht, ob es der Defiant nicht noch gelingen wird, den Cardassianer wieder gefangenzusetzen. 5 Punkte für die Spannung.

Die SFX sind in dieser Folge zwar angemessen, aber kaum sehenswert. Die sattsam bekannten Höhlenkulissen sind ohnehin nicht der Knaller und man vermisst auch den Kampf der Honshu mit ihren Angreifern. Mehr als 2 Punkte sind da nicht drin.

Die Handlung hat es dagegen wieder einmal in sich, auch wenn es eine stark dialoglastige Folge ist. Gul Dukat ist in überlegener körperlicher Position bei gleichzeitig schwerer psychischer Störung mit dem fast wehrlosen Captain Sisko konfrontiert. Ausgerechnet von diesem verlangt er wie ein missratener Sohn Anerkennung und Respekt für vergangene und zukünftige Taten, die der gewiefte Captain ihm jedoch nicht zu geben bereit ist. Dies schafft für Dukat im Bunde mit seiner Psychose die gefährliche Mischung aus Enttäuschung und Wut, die sich schließlich in körperlicher Gewalt an seinem verwundeten Gegenüber entlädt. Sisko dagegen wird zunehmend schwächer, muss angesichts der Täuschung mit dem Notfunkgerät die tödliche Gefahr erkennen, in der er schwebt und kann nur noch versuchen, Dukat zu beschwichtigen, was ihm sichtbar nicht leicht fällt. Der Cardassianer dagegen hält eindrucksvolle Monologe, die belegen, dass er ein paranoider Massenmörder ist, der seinem Größenwahn immer noch frönt und der den wehrlosen Sisko auch noch schmerzhaft demütigt.
Dabei ist es höchst interessant, Dukats Worten und seiner abartigen Logik zu lauschen, mit der er Sisko sein Tun in Vergangenheit und Gegenwart erklärt: Er wollte - wie könnte es anders sein - nur das Beste für die Bajoraner, die undankbaren. Besonders spaßig ist das in seiner Phantasie vorhandene Auftreten von Major Kira, Weyoun und Damar dabei überhaupt nicht, denn diese Gestalten befeuern seine Paranoia derart, dass sie am Ende tatsächlich wie ein Flächenbrand wirkt. Das völlige Ausblenden des Freiheitswillens eines unterdrückten Volkes und das gleichzeitige Herabsetzen desselben als minderwertig, unterentwickelt usw. ist ein typisches Charaktermerkmal von Diktatoren. Gul Dukat mag im Privaten noch so nett sein, als cardassianischer Befehlshaber und Kommandant von Terok Nor war und ist er ein glaubhafter Vertreter der Besatzungsmacht, denn diese Leute unterliegen allesamt ihrer eingeimpften Logik der gewaltsamen Beherrschung anderer zu deren Wohl. Wäre das nicht so traurig, könnte man darüber lachen, aber die Menschheit hat über Jahrhunderte hinweg leider schon viele solcher Gul Dukats erleben müssen. Sie alle hatten die gleiche Intention, nämlich durch brutale Gewalt die Beherrschten auszuplündern und/oder zu ermorden und gleichzeitig deren Wohlergehen vor sich selbst und denen, die es glauben wollen, zu verkünden.

Trotzdem hat Dukat mit Sisko tatsächlich einen gleichwertigen Gegner vor sich, der ihn trotz schwerer Verletzungen noch kurzzeitig ausschalten und zum Shuttle fliehen kann. Nachdem ihn Dukat aber überwältigte, lässt er ihn wieder zur Sternenflotte zurückkehren. Über die Gründe kann man spekulieren, es erscheint jedoch logisch, dass dies ein taktischer Zug des Cardassianers ist, um sich eine Rückversicherung für eine eventuelle erneute Gefangenschaft zu verschaffen.

Die restliche DS9-Crew hat wenig zu tun, der B-Plot ist kaum erwähnenswert. Eine Rettungsmission unter Zeitdruck, das kennt der Zuschauer nur zu gut.
Trotzdem, gerade wegen der durch Marc Alaimo eindrucksvoll in Szene gesetzten Dukat-Vorstellung 5 Punkte für die Handlung.

Fazit: Man darf gespannt sein, wann und unter welchen Umständen der Cardassianer wieder auftauchen wird. Sisko wird in Zukunft als Abgesandter der Propheten auf diesen Mann besonders aufpassen müssen, denn er will Bajor vernichten.

Spannung: 5 SFX: 2 Handlung: 5 Gesamt: 4
Zusammenhänge

Dukats Tochter Ziyal wurde in 6.6 "Sieg oder Niederlage?" von Damar als vermeintliche Verräterin erschossen.

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Ausdruck vom: 02. 12. 2024
Stand des Reviews: 15. 11. 2024
URL: http://www.startrek-index.de/tv/ds6_11.htm