DSi

TNG 2.10 Die Thronfolgerin


The Dauphin

von Yann-Patrick Schlame

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 42568,8
Die Enterprise fliegt Kladvia III an, einen unwirtlichen Planeten, wo sich eine Forschungsstation der Sternenflotte befindet. Außerdem soll man Salia an Bord nehmen, künftiges Oberhaupt des Planeten Daled IV. Salia hat ihr gesamtes bisheriges Leben auf Kladvia verbracht, wo sie sich auf ihre Aufgabe als Staatsoberhaupt Daleds vorbereitete.
Währenddessen will Geordi einige Messungen an den Dilithiumkontrollen vornehmen, weshalb der Warpantrieb für einige Stunden nicht zur Verfügung steht.

Nachdem Salia zusammen mit ihrer Gouvernante, der alten Anya, an Bord gebeamt wurde, begegnet Wes der hübschen jungen Frau in einem Korridor und ist sofort von ihr fasziniert. Wie er von Data erfährt, herrscht auf Daled IV seit vielen Jahrhunderten Bürgerkrieg; die eine Seite des Planeten ist stets der Sonne zugewandt, auf der anderen Seite ist stets Nacht. Daher haben sich zwei völlig unterschiedliche Kulturen gebildet. Man hofft, dass Salia den Konflikt beilegen kann.
Deanna bemerkt indes eine Diskrepanz zwischen der Gestalt und den Gedanken von Anya und Salia. Konkretisieren kann sie dieses Gefühl aber nicht, weshalb Picard keine Maßnahmen ergreift.

In ihrem Quartier unterhält sich Salia mit Anya über ihre bevorstehende Aufgabe, der sie sich nicht ganz gewachsen fühlt. Da sie auf Kladvia aufgewachsen ist, weiß sie nicht, was sie nach ihrer Ankunft erwarten wird. Interessanterweise stört es Salia überhaupt nicht, dass Anya zunächst die Gestalt einer jungen Frau hat und sich anschließend in ein nur brusthohes Pelztier verwandelt, das zur Kommunikation eine Art klackender Geräusche verwendet...

Im Maschinenraum verursacht Wes nur noch Chaos. Geordi schickt ihn erst einmal fort, denn einen liebeskranken Teenager kann er bei der Arbeit nicht gebrauchen. Auf der Brücke erkundigt sich Wes bei Worf, wie er Salia näher kommen kann. Doch Worfs Vorschlag - lautes Geheul, gefolgt von Steineschmeißen und Kratzen - entspricht nicht ganz seinen Vorstellungen einer Romanze, und auch Datas Ergänzung, es sei doch ganz einfach, da er und Salia biologisch kompatibel sind, bringt ihn nicht wirklich weiter. Also sucht er Rat bei Riker, welcher sogleich mit Guinan eine Galavorstellung in Sachen poetischer Annäherung liefert - doch auch dies hilft Wesley nicht. Während Anya von Worf durchs Schiff geführt wird, geht Wes also einfach bei Salias Quartier vorbei, traut sich jedoch nicht einzutreten, als sich die Tür zufällig öffnet. Salia bittet ihn, ihr den Replikator zu erklären, was Wes gerne tut.
Bei thalianischer Mouse au Chocolat kommen die beiden ins Gespräch über fremde Welten. Salia hat zwar über viele Planeten gelesen, besucht hat sie aber noch keinen. Das bringt Wesley auf die Idee, mit ihr aufs Holodeck zu gehen, wo er ihr einige der schönsten Ecken des Universums zeigt, darunter auch Rousseau V, einen von Neutrinowolken umschirrten Asteroidenhaufen.
Salia ist begeistert, zugleich aber auch traurig, da sie als Staatsoberhaupt von Daled wohl kaum Gelegenheit zum Reisen haben wird.

Währenddessen erkundigt sich Anya im Maschinenraum genau, was Geordi gerade macht, und ist sehr skeptisch, ob keine Gefahr besteht. Anschließend geht es auf die Krankenstation. Dr. Pulaski behandelt gerade einen Patienten, der an andronesicher Enzephalitis leidet. Anya sieht die Gefahr, dass die ansteckende Krankheit Salia gefährdert, obwohl Pulaski versichert, die Luftfilter würden quasi jede Gefahr einer Ansteckung ausschließen. Anya besteht darauf, dass der Patient sofort getötet wird - und da sich dieser Aufgabe niemand annimmt, will sie es sogleich selbst erledigen. Sie verwandelt sich in ein grizzlyartiges Ungeheuer und nimmt Worf in den Schwitzkasten, doch schnell ist die Sicherheit vor Ort. Auch Picard trifft bald ein, und Anya verwandelt sich wieder in die alte Frau. Picard erklärt, dass der Patient nicht getötet wird, da er Pulaskis Urteil voll vertraut. Außerdem stellt er Anya in ihrem Quartier unter Arrest.
Dort angekommen muss Anya aber feststellen, dass Salia fort ist. In einem Korridor wird man fündig: Wes und Salia flanieren gerade durch das Schiff. Anya besteht darauf, dass Salia ihr ins Quartier folgt und dies für das Ende der Reise nicht mehr verlässt.

Picard nimmt sich währenddessen Wesley zur Brust: Er bittet ihn, Salia nicht mehr zu sehen. Da man nun weiß, dass Anya ihre Gestalt verändern kann und sie sehr gefährlich ist, möchte er jede potenziell gefährliche Situation vermeiden. Wes ist niedergeschlagen, aber einverstanden.
Dennoch trifft er Salia sogleich wieder: Entgegen Anyas Forderung hat sie sich aus ihrem Quartier geschlichen, um ihn zu sehen. Sie gestehen sich ihre Gefühle ein und küssen sich, als von der Tür ohrenbetäubendes Gebrüll ertönt: Anya ist ihrem Schützling gefolgt und möchte Wes nun einen gehörigen Schrecken einjagen, wozu sie sich wieder in das Grizzlymonster verwandelt. Zu Wesleys großer Überraschung verwandelt sich Salia in ein ähnliches Ungetüm, um ihn vor Anya zu beschützen. Als die Sicherheit eintrifft, verwandeln sich die beiden Frauen wieder zurück, und Picard lässt um ihr Quartier ein Kraftfeld errichten, da Anya offenbar ansonsten nicht zu halten ist.

Mittlerweile ist der Warpantrieb wieder bereit, man trifft bei Daled ein. Wegen starker atmosphärischer Störungen kann man nicht kommunizieren; nur eine terawattstarke Sendeeinheit auf dem Planeten ermöglicht überhaupt, einen Funkspruch zur Enterprise abzusetzen, mit dem die Transporterkoordinaten für Salia übermittelt werden.
Salia sucht noch einmal Wes auf. Der ist aber alles andere als begeistert, sie zu sehen. Er fühlt sich betrogen, weil sie ihre Fähigkeit zum Gestaltwandeln nicht erwähnt hat. Außerdem ist er verunsichert, wer sie überhaupt ist. Doch Salia meint, all ihre Gefühle wären die gleichen wie seine. Wes ist trotzdem nicht bereit, ihr Lebewohl zu sagen - überlegt es sich allerdings sogleich anders und folgt ihr in den Transporterraum. Salia ist froh, dass Wes doch noch gekommen ist, und die beiden verabschieden sich. Zum beamen muss sich Salia in ihre eigentliche Form begeben: Eine Art leuchtendes Energiewesen.

Abschließend sitzt Wes betrübt im Zehn Vorne. Guinan setzt sich zu ihm, um ihn ein wenig zu trösten. Sie meint, er wird Salia sicher nicht vergessen - doch eines Tages wird er solche Gefühle für eine andere haben, das Leben geht weiter.




Bewertung

"Die Thronfolgerin" ist eine recht klassiche Folge über unerfüllte bzw. unerfüllbare Liebe. Zugleich erlebt Wesley seine erste Romanze, was in seinem Alter auch Zeit wird. Einerseits ist es wichtig für die Entwicklung von Wesleys Charakter, dass solche Erlebnisse stattfinden, und in gewisser Weise ist es auch nötig, den Zuschauer daran teilhaben zu lassen, damit man überhaupt weiß, dass eine solche Entwicklung stattfindet. Andererseits kann man sich die berechtigte Frage stellen, ob eine gesamte Episode ohne weitere Handlungen sich darum drehen muss.

Doch im Detail: Schnell ist klar, dass Wesley und Salia sich gerne näher kennenlernen würden. Die Tatsache, dass sie in Kürze ihren Job als Staatsoberhaupt antreten muss, erleichtert das Kennenlernen nicht gerade. Dazu kommt auch noch die übervorsichtige Anya, die ihre Aufgabe, Salia zu beschützen, mehr als ernst nimmt. Picard und Deanna vergleichen sie mit einer Mutter, die ihr Junges beschützt, und erkennen im Zusammenhang mit Anyas Fähigkeit zum Gestaltwandeln, dass ein solches Wesen höchst gefährlich sein kann.
Natürlich kommen Wes und Salia sich dennoch näher, insbesondere dadurch, dass sich Salia über Anyas Gebote hinwegsetzt und einfach ihr Quartier verlässt. Die Schwierigkeiten liegen auf der Hand: Salia kann mit Wesley keine langfristige Bindung eingehen, weil sie ihre Aufgabe zu erfüllen hat. Ebenso kann Wesley ihr nicht nach Daled folgen. Zwar wird diese Möglichkeit von keinem der beiden in Betracht gezogen, aber aufgrund der für Menschen ungeeigneten Atmosphäre wäre es wohl praktisch undurchführbar.
Am Beispiel Salias wird auch verdeutlicht, welch schwere Last es ist, wenn das Leben bereits vorbestimmt ist. Ihre gesamte Jugend musste sie auf Kladvia verbringen, nur in Gesellschaft ihrer Gouvernante und Lehrerin Anya, die zugleich Elternersatz war - Salias Eltern wurden getötet, als sie noch sehr klein war. Salia weiß, dass sie ihrer Bestimmung nachkommen muss. Derzeit ist sie die einzige Person, die vielleicht den Bürgerkrieg beenden kann, von ihrer Entscheidung hängen also möglicherweise unzählige Leben ab. Dieses Wissen macht es freilich nicht einfacher, Wesley am Ende der Reise Lebewohl sagen zu müssen - vielleicht sogar für immer.

Mit Anya und Worf gibt es einige interessante Szenen, beginnend mit Anyas Verwandlung auf der Krankenstation. Worf geleitet sie anschließend zu ihrem Quartier, wo Anya behauptet, sie wäre stärker. Worf meint, sie hätte lediglich den Überraschungseffekt auf ihrer Seite gehabt. Es zeigt sich, dass Worf und Anya sich recht ähnlich sind. Sie wissen einen guten Gegner zu schätzen, und beide sorgen sich um das Wohl und die Sicherheit anderer. Dass sie dabei in Kompetenzgerangel geraten - Anya glaubt, dass Worf nicht in der Lage ist, Salia ausreichend vor allen Gefahren zu schützen - ist wohl unvermeidlich, aber sie meistern die Situation mehr oder weniger professionell. Besonders schön ist, dass sie sich am Ende der Episode relativ herzlich voneinander verabschieden und sich darauf freuen, vielleicht eines Tages noch einmal die Kräfte messen zu können.
Mit Anya ist den Autoren einmal mehr eine vielschichte Figur gelungen. Ab dem ersten Augenblick mag man sie nicht. Zunächst liegt es daran, dass sie Salia unentwegt Vorschriften macht, der Höhepunkt ist erreicht, als sie auf der Krankenstation den Patienten töten will. Aber später werden ihre Motive erläutert; es ist nicht ihre Absicht, irgendjemandem zu schaden, aber das Beschützen von Salia hat für sie oberste Priorität.
Besonders angenehm ist ihre Verabschiedung von Salia: Am Ende der Episode lässt sich Anya auf einen Mond beamen, von dem sie ursprünglich stammt, denn ihre Aufgabe ist nun, da Salia die Heimat erreicht hat, beendet. Die beiden Frauen verabschieden sich herzlich voneinander, und Salia meint, Anya wäre ihr eine gute Lehrerin und Freundin gewesen.

Die restliche Crew der Enterprise hat in dieser Episode kaum etwas zu tun. Bleibt also nur noch, einen Blick auf ein paar Details zu werfen:

  • Zu Beginn erkundigt sich Anya, von welcher Spezies die Besatzung der Enterprise ist. Zweifelsfrei haben sie und Salia dementsprechend eine menschliche Form gewählt. Interessant ist aber: Als der Funkspruch getätigt wurde, war Wes im Maschinenraum. Kurz vor Ende der Episode sagt er jedoch zu Salia (bezüglich ihrer Fähigkeit zum Gestaltwandeln): "Deshalb habt Ihr Euch nach unserer Spezies erkundigt" - woher kann er davon wissen?
  • Data sagt, Kladvia und Daled sind sich sehr ähnlich. Auf Daled benötigt man einen immens starken Sender, um zur Enterprise durchzukommen. Auf Kladvia ist das aber kein großes Problem.
  • Dr. Pulaski identifiziert Anya und Salia als Allasomorphe, eine Spezies, die ihre Molekularstruktur verändern kann. Es wird nicht gesagt, ob die gesamte Bevölkerung Daleds aus Allasomorphen besteht. Ein Zusammenhang zu den Formwandlern aus DS9 ist unwahrscheinlich.
  • Laut Wesley wurden "erst 19% unserer Galaxis erforscht."
  • Auf Thalos VII reifen die Kakaobohnen 400 Jahre lang.
  • Irgendjemandem scheint ein Tippfehler unterlaufen zu sein: Die Schauspielerin Salias wird in dieser Folge als "Jamie Hubbard" angegeben. Laut IMDb lautet ihr korrekter Vorname allerdings "Jaime". Vielen Dank an unseren Leser Sebastian für diesen Hinweis.
  • Die Schauspielerin Mädchen Amick hat hier ihre allererste TV-Rolle. Sie spielt Anya in ihrer Form als Teenager. Amick wurde später durch "Twin Peaks" bekannt und ist aktuell in der Serie "Witches of East End" zu sehen.

Bleibt zu sagen, dass "Die Thronfolgerin" eine unwichtige, in sich aber recht gut gemachte Episode ist, die Wes ein wenig weiterbringt, die Zuschauer allerdings nicht.

Schönstes Zitat, zwischen Worf und Wes, als Worf den klingonischen Balzschrei ausgestoßen hat:

Worf: "So lockt der Klingone eine Klingonin."
Wes: "Soll ich Salia wirklich so anschreien?"
Worf: "Wesley... Männer schreien nicht. Frauen schreien. Und dann... werfen sie mit Steinen... und kratzen dich."
Wes: "Und was macht der Mann?"
Worf: "Er trägt Liebesgedichte vor - und dann kratzt er auch."

Spannung: 2 SFX: 1 Handlung: 3 Gesamt: 2
Zusammenhänge

Keine

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Ausdruck vom: 28. 03. 2024
Stand des Reviews: 26. 11. 2020
URL: http://www.startrek-index.de/tv/tng2_10.htm