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ENT 4.1 Sturmfront Teil I


Storm Front Part I

von Sebastian Däs

Episodenbeschreibung

Tucker und Mayweather werden an Bord des Shuttles noch immer von alten Flugzeugen beschossen. Als man nicht auf die Rufe reagiert, sind die beiden durch das Feuer gezwungen, wieder zur Enterprise zurückzukehren.

Unterdessen wird auf der Erde der wieder gesundete Captain Archer auf einem Lastwagen der Nazis weitertransportiert. Die Offiziere machen einige Witze über den Gefangenen, doch plötzlich wird der Kovoi aus dem Dickicht angegriffen. Im Gefecht fallen die Nazis, doch Archer wird von den unbekannten Angreifern gefangen genommen.

Auf der Enterprise fängt man eine Durchsage von Winston Churchill ab, der die Nazis zu unterstützen scheint. Es bleibt keine andere Schlussfolgerung als die, dass die Enterprise 200 Jahre in die Vergangenheit gereist ist, doch mit der Zeitlinie stimmt etwas nicht. Immerhin sind die Deutschen nie im Zweiten Weltkrieg in die USA eingefallen. Trip ist von der Situation und T'Pol anfangs extrem genervt, beruhigt sich später aber wieder. Offenbar sind die fremden Aliens auf der Erde für die Veränderung verantwortlich.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, scheint ein weiteres Problem hinzuzukommen: Unbemerkt von der Crew schleicht der Suliban Silik in den Korridoren der Enterprise umher…

Derweil ist der Ausbruch von Archer nicht unbemerkt geblieben: Zwei der Nazi-Aliens unterhalten sich über den menschlichen Gefangenen. Aufgrund seines Kommunikators aus der Zukunft denken sie, dass er ein temporaler Agent ist und unbedingt zurück gebracht werden muss. Anscheinend kommen sie selbst aus der Zukunft und arbeiten mit hochrangigen deutschen Offizieren zusammen. Durch die fortschrittliche Technologie versprechen sie ihnen Vorteile und erwarten einige Materialien als Gegenleistung.

Der Captain erwacht im Appartement einer Frau namens Alicia Travers, die sich um ihn kümmert. Er erfährt, dass er im New York des Jahres 1944 ist. Sie ist Mitglied einer Widerstandsgruppe, die sich gegen die Nazi-Besetzung an der Ostküste stellt und denkt, dass er zur Marine gehört. Die Angreifer des Konvois waren ihre Freunde und kommen kurze zeit später zurück um Archer auszufragen. Der Captain will aber nichts über seine Herkunft und Mission preisgeben, er meint sie sei geheim. Als die Situation zu eskalieren droht, kann Alicia die Männer gerade noch beruhigen. Später unterhält sich Archer mit Alicia beim Abendessen. Dabei berichtet er, wie er in seiner Gefangenschaft die blauhäutigen Aliens getroffen hat. Alicia will dazu zunächst nichts sagen, meint dann aber, dass sie schon einige ähnliche Geschichten gehört habe.

In der Zwischenzeit kommt ein völlig entstellter Daniels zu Doktor Phlox in die Krankenstation gewankt. Einige Körperteile des Zeitreisenden sind uralt, andere noch im pränatalen Zustand. Doktor Phlox meint zu T'Pol, dass er nicht lange überleben werde. Als Daniels kurz erwacht, will er Archer sprechen, doch T'Pol teilt ihm mit, dass er tot sei. Offensichtlich ist der Temporale Kalte Krieg zu einem offenen Brandherd geworden, alle Fraktionen bekriegen sich jetzt in allen Zeiten gegenseitig. Die Enterprise-Crew müsse die Aliens auf der Erde aufhalten, oder sein Zeitalter sowie das 22. Jahrhundert werde es in ihrer bisherigen Form nicht mehr geben.
Im Hangar arbeitet Trip gerade an einem Shuttle, als er plötzlich von Silik mit einer Waffe überrascht wird. Nach einem kleinen Handgemenge betäubt der Suliban den Chefingenieur und stiehlt ein Shuttle. Die Enterprise versucht ihn abzuschießen, doch das Shuttle wird nur beschädigt und kann zur Erde fliehen.

Archer erfährt durch Alicias Freunde, dass es einen Bekannten gibt, der oft Kontakt zu den blauen Aliens hat. Sie treffen den Mann in einer dunklen Straße, doch er weiß kaum etwas über den Außerirdischen, mit dem er Kontakt hat. Er komme nur immer in dunklem Anzug und Hut und verlange Informationen. Beim nächsten Treffen lauern Archer und seine neue Mitstreiter dem mysteriösen Alien in einer Gasse auf. Sie halten ihn fest und fragen ihn aus, doch unglücklicherweise will er Archer nichts sagen, da er ihn für einen temporalen Agenten hält. Nach einer kleinen "Überzeugungsarbeit" mit einem Schuss in die Hand offenbart der Fremde doch einige Informationen: Er und seine Artgenossen seien auf der Erde in dieser Zeit gefangen und versuchten zu entfliehen. Dabei helfen ihnen die Nazis. Er wisse auch, dass Archers Schiff im Orbit ist. Der Captain ist über diese neuen Informationen froh, mit seiner Crew kann er vielleicht einen Ausweg finden. Die Gruppe muss kurz darauf fliehen, da Sirenen ertönen und sie von Nazi-Soldaten angegriffen werden. Die meisten von Alicias Bekannten werden erschossen, doch sie kann mit Archer in eine Seitenstraße fliehen. Der Captain versucht über den Kommunikator des Aliens Kontakt mit der Enterprise zu bekommen, und kurz bevor die Nazis sie erreichen, werden er und Alicia hochgebeamt.

In der Zwischenzeit sind Mayweather und Tucker zur Landestelle des Shuttles gelangt, dass Silik gestohlen hat. Da es nicht mehr flugfähig ist, wollen sie es zerstören, so dass niemand mehr einen Nutzen davon haben kann. Doch nachdem sie die Sprengladung angebracht haben, werden sie von Nazi-Soldaten überrascht. Zwar können sie das Shuttle noch in die Luft jagen, doch sie werden gefangen genommen.

Archer wird auf der Enterprise-Brücke von seiner ungläubigen Crew empfangen. Alle sind heilfroh, dass der Captain noch am Leben ist. Doch es gilt keine Zeit zu verlieren: In einem Gespräch mit Daniels auf der Krankenstation erfährt er mehr über die Hintergründe der aktuellen Situation: Die Aliens auf der Erde werden von Vosk angeführt, einem der gefährlichsten Männer des Temporalen Kalten Krieges. Er und die anderen temporalen Agenten wollten ihn festnehmen, doch er entkam in dieses Jahrhundert, änderte die Zeitlinie und kehrte zurück um Daniels' Leute auszulöschen. Daniels hat als letzen Ausweg die Enterprise hierher geschickt. Sie müssten Vosk bei seinem Versuch aufhalten, eine neue Zeitmaschine mit den Ressourcen der Nazis zu bauen, damit er nicht in die Zukunft zurückkehren kann. Mit diesen letzen Worten stirbt Daniels.

Auf der Erde werden Trip und Travis zu Vosk gebracht. Er versichert ihnen, dass er alle nötigen Informationen aus ihnen herausbekommen werde. Danach wendet er sich ab und besichtigt eine riesige Lagerhalle, wo seine Zeitmaschine gerade vor der Vollendung steht...


Bewertung
Mit dem ersten Teil von "Sturmfront" wird endlich der verwirrende Cliffhanger am Ende von "Stunde Null" fortgesetzt. Und tatsächlich scheinen Hoffnungen auf eine intelligente Lösung vergebens gewesen zu sein, leider bewahrheiten sich fast alle negativen Befürchtungen, einige sind sogar schlimmer als gedacht. Flache Charaktere, dumpfe Dialoge, primitive Feinddarstellung in Form von Nazis, ein vorhersehbarer und unmotivierter Actionplot, sowie eine 08/15-Einbindung in den Temporalen Kalten Krieg. Die Autoren haben sich so am Ende der 3. Staffel dermaßen in die Ecke geschrieben, dass Manny Coto hier in die untersten Schubladen zur Auflösung greifen musste.

Konsequent aber unnötig setzt man die Handlung gleich zu Beginn bei Trip und Mayweather fort, die gleich nach dem Angriff wieder zurück zum Schiff fliegen dürfen. Dramaturgisch gesehen hätte man das sowieso gleich überspringen können, es ist überhaupt nicht relevant, da die Enterprise-Crew auch anders herausfinden kann, was vor sich geht, und das tut sie auch kurz darauf: Tatsächlich gab es (mal wieder) eine Zeitreise, und die Zeitlinie scheint verändert worden zu sein. Und wie patriotisch-schön das "Was wäre Wenn?"- Szenario doch genutzt wurde: Die Nazis haben quasi ganz Europa unter ihrer Kontrolle, Frankreich und Großbritannien (in Form von Churchill) unterstützen die Deutschen, nur die braven und aufrechten Amerikaner wehren sich militärisch und in einer Widerstandsgruppe gegen die Streitkräfte der Nationalsozialisten. Hinzu kommen noch die fragwürdigen Aliens rund um Vosk, von denen man bisher nie etwas gehört hat. Im Zweiteiler werden sie zwar als ultrawichtig im Temporalen Kalten Krieg dargestellt, in Wirklichkeit sind sie nichts anderes als die üblichen bösgesinnten "Aliens der Woche", von denen es bei Enterprise sowieso zu viele gibt.
Silik und Daniels sind mal wieder die beliebten Dramatik-Aufhänger, doch sie bieten hier kaum Dynamik in der Handlung und treiben noch nicht einmal den Plot voran. Natürlich muss man hier vielleicht den Zweiteiler als Gesamtes ansehen, doch für diese Episode allein sind sie zwecklos. Allenfalls Daniels' dramatischer Abgang am Ende ist respektabel. Es war immerhin schon verwunderlich, dass nicht irgendwo der Future Guy noch aufgetaucht ist.

Dabei sind die Szenen der Enterprise-Crew noch die gelungensten der Episode. Was auf der Erde passiert ist einfach nur unverständlich und uninspiriert. Die Darstellung der Nazis ist für eine SciFi-Serie im Allgemeinen und für Star Trek im Speziellen ungenügend. Schlecht nachgemachte Deutsch-Akzente von blonden und blauäugigen Darstellern kann man nur als klischeehaft bezeichnen. Natürlich müssen auch Szenen gezeigt werden, in denen die Nazis unschuldige Leute auf den Straßen abschießen und lachen. Im Gegenzug dazu sind auf der Seite der aufrechten Amerikaner sogar ehemalige Gangster und Mafiosi plötzlich Helden. Etwas differenziertere Betrachtung und nicht diese dumpfe Schwarz/Weiß-Malerei hätten der Episode gut getan. "Enterprise" rutscht hier in eine gefährliche Schublade des amerikanischen Mainstreams ab, gegen den sich Star Trek eigentlich immer auflehnen wollte.

Dabei sind diese Punkte nicht das ausschlaggebend Schlechte für diese Folge. Vielleicht ist dieser erste Teil einfach zu unselbstständig um separat bewertet zu werden. Aber eine richtige Handlung lässt sich nicht erkennen. Gut, ein strukturierter Plot wie "Aliens haben den Nazis geholfen und der Mann aus der Zukunft unterstützt den Widerstand" ist vorhanden, dies reicht jedoch nicht für eine normale TV-Episode. Alle Figuren wirken hölzern, wie leblose Marionetten. Dies schließt die Nebendarsteller wie Alicia als auch die Hauptcharaktere Archer und den Hauptfeind Vosk ein. Die restliche Crew der NX-01 wird bis auf T'Pol als Entscheidungsträgerin nicht eingebunden. So wirkt es auch nicht überraschend, dass die kurze Wiedersehensfeier zwischen dem Captain und seiner Crew kaum Emotionen beim Zuschauer auslöst. Kurz vor Ende müssen Trip und Mayweather natürlich noch schnell entführt werden um die Spannung auf den zweiten Teil aufrecht zu halten, auch Daniels' plötzlich einfache Offenheit in Bezug auf den Temporalen Krieg lassen schon leicht das Licht am Ende dieses Tunnels erkennen. Eine mangelhafte Wertung für die Handlung ist durchaus gerechtfertigt.

Schon mehrmals wurde darauf hingewiesen, dass "Enterprise" mit recht durchschaubaren Tricks bei vermeintlich "wichtigen" Episoden Spannung erzeugen will. So auch hier wieder: Die Einbindung in den Temporalen Kalten Krieg, der plötzlich durch Vosks Zeitreise überhaupt erst entsteht, ist vollkommen unglaubwürdig und extrem weit hergeholt. Und so langsam durchschaut der Zuschauer in dieser Episode, dass die Autoren beim Story-Arc des "Temporalen Kalten Krieges" eigentlich selbst nie genau wussten was sie taten, sondern immer nur mit geheimnisvollen pseudo-Andeutungen Spannung erzeugen wollten. Der erste Teil von "Sturmfront" ist allein schon aufgrund der Struktur nicht wirklich spannend, die langatmige Entwicklung der ersten 40 Minuten und die übermächtige Klischee-Keule in Bezug auf Archers Kontakt zu Alicia und dem Nazi-Alien Szenario sind enttäuschend. Und wieder mal die x-te Zeitreise und böse Prophezeiungen von Daniels locken langsam niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Auch die Spannung ist diesmal mangelhaft. Dabei ist durchaus komisch, dass über den Xindi-Konflikt fast kein Wort mehr verloren wird. Eine teilweise Aufarbeitung wird erst bei der Heimkehr der NX-01 in "Zuhause" stattfinden.

Dies lässt sich noch an einem anderen Punkt festmachen: Man kann einfach nicht gelten lassen, dass sich gewisse Plotstrukturen sogar innerhalb vom Trek-Franchsie immer wiederholen müssen. Den "Captain wird von der Crew abgeschnitten" - Plot hatten wir schon bei Enterprise in Form von unendlichen Entführungen einige Mal. Auch dass er dann in einer Zeitreise eine Frau dieser Epoche als Unterstützung findet sahen wir bei Picard in "Star Trek: Der erste Kontakt" oder Kirk in "Star Trek: Zurück in die Gegenwart". Auch böse Alien-Nazis mussten wir schon in der Voyager-Folge "Das Tötungsspiel" sehen, doch hier ging es im Hintergrund um eine ganz andere Problematik der Hirogen.
Es gibt genug Gegenbeispiele in anderen Serien, dass es nicht immer die gleichen Ideen sein müssen. Und in diesem Fall ist es einfach nur pure Bequemlichkeit der "Enterprise"-Autoren, die keinesfalls mit Herz bei der Serie sind. Immerhin werden sie dafür bezahlt, sich neue interessante Entwicklungen auszudenken und nicht immer alte Plots aufzuwärmen.

Offenbar braucht auch jede Trek-Serie eine groß angelegte Zeitreise-Episode. In TOS etwa wird mit "Griff in die Geschichte" eine überaus komplexe Charakterepisode präsentiert, die sich mit Verantwortung und persönlichem Dilemma beschäftigt. Bei TNG gab es "Gefahr aus dem 19. Jahrhundert" bei der man die Zeitparadoxien ziemlich gut aufarbeitete und ein Crewmitglied retten musste. In Voyagers "Vor dem Ende der Zukunft" durfte die Crew die Zeitlinie wieder herstellen, man überzeugte mit spannenden Actionelementen und der persönlichen Begleitung der Crew in diesem Jahrhundert. Schließlich gab es noch bei DS9 "Gefangen in der Vergangenheit", in der man in einer fiktiven Zukunft des 21. Jahrhunderts soziale Probleme und die Mängel unserer Gesellschaft kritisierte.
Nun haben wir in Enterprise "Sturmfront" und diese Episode hat nichts von alledem. Nach eigener Aussage der Produzenten fand man das Szenario wohl einfach "cool" und baute es kurzerhand völlig sinnfrei ein.

Das Thema des Nationalsozialismus ist natürlich heikel und kann niemals in einer Unterhaltungsserie optimal dargestellt werden. Immerhin geht es um Unterhaltung und nicht um geschichtlich korrekte Wiedergabe oder Aufarbeitung der Ereignisse. Trotzdem sollte ein Grad an Niveau bewahrt werden. Sogar die TOS-Folge "Schablonen der Gewalt" versucht ansatzweise hinter die Kulissen des Nazi-Staates und seiner Ideologie zu sehen. Allein dieser Versuch war für eine Serie in den 60igern schon beeindruckend, ganz abgesehen davon, dass die Betrachtung und die Witze darin nicht unbedingt gelungen waren. Enterprise hat im Jahre 2004 (also fast 40 Jahre später) mit "Sturmfront" nicht einmal diesen Ansatz, mit der einfachen Weltanschauung ist diese Folge sogar noch rückschrittlicher und würde wohl eher in die US-Fernsehlandschaft der 50iger als "Marsmenschen müssen bekämpft werden" passen. Diese Demontage ist schon wirklich traurig.

Unglücklicherweise können sogar die Spezialeffekte dieses Mal nicht überzeugen. Im Vorfeld war ja schon bekannt, dass die Serie dieses Jahr mit massiven Budget-Kürzungen rechnen muss. Nun wäre das ja grundsätzlich nichts Negatives, wenn man sich mehr auf charakterliches Drama statt Action berufen würde. Aber jetzt versucht man anscheinend die gleichen Episoden, mit den gleichen Effekten, aber mit weniger Geld zu machen. Kein Wunder dass dies nach hinten losgeht. Die Spezialeffekte (Shuttle am Anfang, zerstörte Enterprise, Weißes Haus von außen etc.) wirken alle sehr Comic-haft und mehr bunt als realistisch. Die Textur-Strukturen und die Beleuchtung wirken im Vergleich zu den großartigen Episoden im letzen Jahr billig, man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass überall nur Spielzeuge ihr Unwesen treiben.

Auch in diesem Staffelbeginn führte wieder Allan Kroeker Regie, doch aus dem schlechten Drehbuch konnte selbst er nichts mehr retten.

Insgesamt überaus demotivierend und enttäuschend, richtig Positives darf man wohl für den zweiten Teil auch nicht erwarten. Hoffentlich verbessert sich die Staffel nach diesem sinnlosen Zweiteiler. Am Ende muss man die Episode als mangelhaft bewerten.
Spannung: 2 SFX: 3 Handlung: 2 Gesamt: 2
Zusammenhänge
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Ausdruck vom: 25. 04. 2024
Stand des Reviews: 26. 11. 2020
URL: http://www.startrek-index.de/tv/ent4_1.htm