Neue Klingonen
von
Andrej Schwabe, 17.11.2000
Bevor sich David Dvorkin sich mit seinem Sohn an den TNG-Roman
"Die Ehre des Captains" (nebenbei gesagt ein eher mittelmäßiges
Buch) setzte, machte er noch einen kleinen Abstecher zu Classic
und schrieb "Die Zeitfalle".
Handlung:
Die Enterprise fängt den Notruf eines schwer beschädigten
klingonischen Schiffs auf. Captain Kirk beamt sich auf den
Kreuzer, um herauszubekommen, warum die Klingonen im
Föderationsraum weilen, verunglückt aber und verliert das
Bewusstsein. Als er wieder aufwacht, sieht alles danach aus,
dass er einen Zeitsprung in eine Zukunft gemacht hat, in der
Klingonen und Föderation Verbündete sind.
Kritik:
Es wäre ein typisches Star Trek-Rätsel. Anhand von kleineren
Ungereimtheiten begäbe sich Kirk zusammen mit dem Leser auf die
Suche nach der Wahrheit (ähnlich wie Riker in
"Imperfect"/"Gedächtnisverlust") und vieles, was vorher
dümmlich aussah, klärte sich im Nachhinein... wenn es da nicht
diesen sehr unpassenden Titel gäbe, der mindestens so verräterisch
wie ein Ferengi ist, dem man Latinum unter die Nase reibt.
Leider bietet auch dieser Roman wieder Ausgangspunkte für eine
Diskussion, wie unlogisch Star Trek doch ist: Kirk scheint
Adrenalin-Junkie zu sein, da er sich nur mit einem Trupp Rothemden
zu den Klingonen beamt. Und die dortigen Klingonen schaffen es
zwar, eine Falle zu konstruieren, kriegen es aber nicht mal mit,
wenn der Gegner dabei ist, gerade diese aufzudecken. Nebenbei gesagt
haben die Klingonen hier nur ein Herz und nicht zwei, wie wir in TNG
erfahren.
Trotz allem kann "Die Zeitfalle" ein bisschen beeindrucken, weil
Dvorkin nämlich einen anderen Stil hat, als man es aus den anderen
Star Trek-Romanen gewöhnt ist; er schreibt kurz und knapp (nur
220 Seiten), Gefühle scheinen mehr obligatorisch zu sein, alles
wirkt wie in einem Bericht.
Das Konzept der "Neuen Klingonen", die die Probleme mit der
Föderation überwunden haben, lässt natürlich gleich an TNG denken
und wohl nicht ohne Grund erschien das Buch in den Anfangsjahren
der TV-Serie. Diesmal jedoch entlarvt Dvorkin diese neue
Freundlichkeit als eine Falle, die durch biochemische Mittel
möglich gemacht wird, und stellt heraus, dass die "Neuen Klingonen"
im Reich keinerlei Erfolg genießen werden. Und auch auf Seiten
der Föderation existiert Misstrauen, die eine Verständigung
schwierig, wenn nicht unmöglich macht. Dvorkin durchbricht aber
auf den letzten Seiten diese pessimistische Bilanz mit der
Feststellung, dass die Liebe zwischen Kirk und der Klingonin
Kalrind mehr wert als alles andere gewesen sein könnte - ein
typisches Star Trek-Ideal.
Die Charaktere sind soweit ganz ordentlich getroffen, Spannung
will jedoch die meiste Zeit nicht aufkommen - und damit verschenkt
Dvorkin eine große Möglichkeit, dem Buch noch den "praktischen"
Abschluss zu geben, nachdem er sich ja offensichtlich einige
Gedanken um die Hintergründe gemacht hat.
Also unterm Strich wieder eines dieser Bücher, die man so leicht
vergessen wird, obwohl sie einige ganz interessante Ansätze haben.
(gandalf)
Infos:
STAR TREK - Classic, Band 45
Titel: Die Zeitfalle (Timetrap)
Autor: David Dvorkin
Erscheinungsjahr:
Deutschland: 1993, USA: 1988
Deutsche Übersetzung: Andreas Brandhorst
Preis: 10,80 DM