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ENT 2.22 Cogenitor


Cogenitor

von Sebastian Däs

Episodenbeschreibung

Die Enterprise besucht einen Hypergiganten, besonders Captain Archer ist von dem Phänomen begeistert. Bei der genaueren Untersuchung entdeckt man ein weiteres Schiff in der Umgebung, die Crew stellt einen Kontakt zu den freundlichen Vissianern her. Ihr Captain Drennik bietet seine Hilfe bei der Analyse des Sterns an, der Erstkontakt zu anderen Spezies sei eines ihrer Hauptziele bei der Erforschung des Weltraums. Archer ist glücklich darüber und lädt die Vissianer auf die Enterprise ein.

Mehrere Vissianer besuchen die Enterprise und der kulturelle Austausch scheint gut zu funktionieren. Drennik bietet Archer an, ihn am nächsten Tag in seiner Forschungskapsel mitzunehmen. Der Captain ist begeistert darüber, es bietet sich die Gelegenheit gemeinsam die Schönheit des Hypergiganten zu erleben. Unterdessen freundet sich Reed mit einer vissianischen Sicherheits-Offizierin an, während Trip den Chefingenieur der Vissianer und dessen Frau begrüßt. Am Tisch bei ihnen sitzt eine dritte Person, die nur als "Cogenitor" vorgestellt wird. Offensichtlich sind die Vissianer eine Rasse mit drei Geschlechtern, der Cogenitor ermöglich die Fortpflanzung und der Chefingenieur und seine Frau wollen ein Kind bekommen.

Später kommt Trip auf das vissianische Schiff und lässt sich von deren Chefingenieur die technischen Errungenschaften erklären. Dabei schweift er immer wieder auf das Thema um den Cogenitor ab, doch die Vissianer scheinen das dritte Geschlecht nur als Ding oder minderwertiges Tier anzusehen. Nur ca. 3% der vissianischen Bevölkerung sind Cogenitoren - da sie nur zur Fortpflanzung gebraucht werden, scheint dieser Wert optimal zu sein. Der Cogenitor, den Trip sah, ist der einzige auf ihrem Schiff und der Ingenieur und seine Frau mussten lange auf ihn warten. Schließlich lädt ihn der Ingenieur zum Essen ein, und Trip nimmt neugierig an. Dort erfährt er, dass die Cogenitoren keine Namen haben und auch nicht Lesen und Schreiben lernen. Mit Hilfe von Phlox macht er unbemerkt Scans der neuralen Muster des Cogenitors. Es stellt sich heraus, dass er die gleichen Muster wie die restlichen Vissianer hat, seine Intelligenz und Fähigkeiten wären also eigentlich gleich.

In der Zwischenzeit verbringen Archer und Drennik ihre gemeinsame Zeit in der Kapsel. Während Archer von der fortschrittlichen Technik beeindruckt ist, lobt der Vissianer besonders die Werke von Shakespeare. Ihm ist MacBeth als Wissensaustausch sehr viel Wert, in der letzten Nacht las er viel in der menschlichen Literatur. Schließlich lässt er sogar Archer ans Steuer, während er den Hypergiganten weiterscannt.
Malcolm Reed festigt unterdessen die Beziehung zur Sicherheitsoffizierin der Fremden. Nachdem er ihr die taktischen Systeme gezeigt hat, entwickelt sich sogar eine romantische Spannung zwischen den beiden. Sie gesteht, dass sie mit Malcolm die Nacht verbringen will. Reed ist zunächst etwas irritiert, scheint dann aber doch nicht abgeneigt zu sein.

Da Trip die Unterdrückung des Cogenitors nicht hinnehmen will, besucht er das Individuum heimlich in seinem Quartier. Er lehrt ihn Lesen, ohne dass die Aliens etwas merken. Besonders beeindruckt ist er von der schnellen Lernfähigkeit des Cogenitors. Er bringt ihn sogar an Bord der Enterprise und zeigt ihm Spiele und Filme. Der Cogenitor wird von der neuen Welt immer begeisterter und ist Trip sehr dankbar. Als die anderen Vissianer davon erfahren, sind sie entsetzt. Tucker ist nicht länger auf dem Schiff der Vissianer willkommen und muss sich von T'Pol eine Predigt anhören. Sobald der Captain von seinem Flug mit Drennik zurückkommt, wird er nicht begeistert sein. Die Situation verschlimmert sich noch, als der Cogenitor nicht zurück zu den Vissianern will und Asyl auf der Enterprise beantragt.

Archer ist nach dem Rückflug extrem verärgert über Trips Verhalten. Seine Handlungsweise sei einfach unentschuldbar. Die Enterprise solle freundlichen Erstkontakt mit anderen Spezies herstellen und sich nicht in ihre Angelegenheiten einmischen. Er ist sehr enttäuscht über Tuckers Verhalten, doch nach dem Asylantrag muss er die Sache ernst nehmen. In einem Treffen mit den Vissianern fordert Archer Bedenkzeit, die Sachlage sei sehr kompliziert. Drennik räumt ihm die Zeit ein, erinnert den Captain aber, dass er die Kultur der Vissianer respektieren sollte. Am Ende kommt Archer zu Trip und dem Cogenitor ins Quartier, er hat sich letztendlich dazu entschlossen, dass der Cogenitor zurück zu den Vissianern muss.
Beim Weiterflug verabschiedet sich Drennik von der ENT-Crew und hofft, dass dieser Vorfall nicht die neu gewonnene Freundschaft der beiden Kulturen beeinträchtigen werde. Archer sieht das ähnlich und wünscht eine gute Reise.

Einige Tage später erhält der Captain eine tragische Nachricht von Drennik: Der Cogenitor hat Selbstmord begangen. Zornig informiert er Trip, dem Chefingenieur wird klar, dass er durch sein Eingreifen den Tod verschuldet hat. Zusätzlich werden zwei Vissianer jetzt vorerst kein Kind mehr bekommen können. Tucker muss durch sein impulsives Verhalten mit seiner Schuld allein fertig werden.


Bewertung
"Cogenitor" ist wahrscheinlich die beste Episode der gesamten zweiten Staffel. Da hier weder Action noch große Spezialeffekte wichtig sind, sollte das den Produzenten vielleicht zu denken geben. Umso verwunderlicher ist es, dass die Episode diesmal aus der Feder von Berman und Braga stammt.

"Cogenitor" spricht sehr viele unterschiedliche Themen an. Die wichtigsten sind wohl sexuelle Unterdrückung, Diskriminierung und Verachtung, doch auf der anderen Seite wird auch das Unverständnis für fremde Kulturen kritisiert. Damit liefert man erneut ein Plädoyer für die Oberste Direktive, die im 22. Jahrhundert ja noch nicht existent ist. In jedem Fall wird der Zuschauer aber sehr deutlich zum Nachdenken aufgefordert. Grundsätzlich kann man Trip gar keine so großen Vorwürfe machen, viele hätten wohl ähnlich gehandelt. Allerdings zeigen die Konsequenzen deutlich, dass man auch gefühlsmäßig komplett falsch liegen kann. Natürlich kann er ohne tieferes Verständnis für eine Kultur nicht einfach die eigenen Werte ansetzen und noch dazu eine gewaltsame Veränderung herbeiführen. Er trägt die klare Schuld am Tod des Cogenitors, des Weiteren können der vissianische Chefingenieur und seine Frau vorerst kein Kind mehr bekommen. Grundsätzlich hat man Trips unüberlegten Umgang mit Aliens sehr gut thematisiert, immerhin war Tucker schon von Anfang an seit "Freund oder Feind" von fremden Spezies fasziniert. Die Oberste Direktive zeigt einmal mehr ihre Berechtigung, sie war ja in einigen speziellen Fällen schon unter Kritik geraten. Man kann wohl sagen, dass sie durchaus in 99% aller Fälle die richtige Wahl sein dürfte.
Auf der anderen Seite kann man aber auch das vissianische System nach unseren Maßstäben kritisieren. Die Cogenitoren werden nur als minderwertiges Mittel zum Zweck benutzt. Dabei stellt sich heraus, dass sie selbst genauso empfindungsfähig und intelligent wie alle anderen Vissianer sind. Dass sie nicht mal einen Namen tragen, ist schon sehr grausam und geht weit über Sklaverei hinaus. Es stellt sich die Frage, warum eine so fortschrittliche und friedliche Kultur wie die der Vissianer zu einem solchen System kommen konnte. Höchstwahrscheinlich geschieht es aus rein rationalen Gründen: Die Cogenitoren machen nur 3% der Bevölkerung aus und die Fortpflanzung muss durch sie gesichert werden. Vielleicht ist ihre momentane Behandlung sogar das Beste, damit sie sich in ihr trauriges Schicksal ergeben. Der Suizid am Ende scheint diese These zu untermauern. In jedem Fall bleibt aber die Entscheidung nicht der ENT-Crew und uns überlassen, die Vissianer müssen korrekterweise selbst ihre Angelegenheiten regeln. Insgesamt kann man die sehr gründliche und differenzierte Botschaft dieser Episode nur loben.

Ein weiterer positiver Gesichtspunkt sind die Vissianer an sich: Selten genug sieht man bei "Enterprise" eine intelligente, fortschrittliche und friedliche Spezies. Bis auf den Cogenitor-Vorfall (der einzig und allein Schuld der menschlichen Seite ist) gibt es keinen negativen Aspekt an ihnen. Der ein oder andere dürfte vielleicht die übliche Schablone erwartet haben, bei der die Aliens zuerst scheinheilig freundlich sind und dann ihr fieses Gesicht zeigen. Die Vissianer ähneln sogar sehr stark den Forschern der Föderation im 24. Jahrhundert, sie gehen aber noch einen Schritt weiter und teilen ihre Technologie. Als Gegenleistung wollen sie nur andere Spezies und deren Kultur kennen lernen. Es ist schon amüsant als Archer über die fortschrittliche Technologie staunt und Drennik meint, dass er von MacBeth viel mehr beeindruckt ist.

Ohne das Happy End gewinnt "Cogenitor" sehr deutlich an finalem Profil. Der Zuschauer wird wirklich überrascht, die meisten hätten den Schluss nach Archers schwerer (aber richtiger) Entscheidung erwartet. Leider zeigt sich zu Ende auch der einzige Kritikpunkt der Story: Archers verärgerte Reaktion ist eindeutig zu heftig und zudem unglaubwürdig. Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Und nach dem was sich Archer schon in der Vergangenheit an dummen und sinnlosen Einmischungen erlaubt hat, sitzt er in einem ziemlich großen Glashaus. Er zeigt nicht einmal den Hauch von Verständnis, diese Zwiespältigkeit hätte der Episode noch die Krone aufgesetzt. Generell ist Archers Charakter nicht für tiefsinnige Handlungen geeignet, zum einen nimmt man ihm das Getue meistens nicht ab, zum anderen fehlt einfach die Genialität eines Picard, der die weitreichenden Konsequenzen auch sachlich aufzeigen kann.

Zu dem ernsteren Hauptthema kommen auch auflockernde Szenen, wie der nette Umgang zwischen Archer und Drennik oder generell der kulturelle Austausch. Reed und die Sicherheitsoffizierin sind einfach grandios, da hätte man gerne noch das Ende der Beziehung gesehen. Auch die netten Dialoge zwischen Trip und Phlox sind sehenswert, besonders als der Doc dem Chefingenieur ein paar Bilder von den Paarungsritualen zeigen will. Zu guter Letzt ist der Leseunterricht von Trip oder die Partie "Go" eine gelungene Abrundung.
Aufgrund dieser Kombination und der ganz speziellen Problematik der Situation hat die Handlung hier die Höchstwertung verdient.

Spannend ist diese Folge auf ihre ganz eigene Art und Weise. Der Zuschauer will natürlich wissen, wie die Situation aufgelöst wird. Wird Archer wirklich der Aushändigung des Cogenitors zustimmen? Gleichzeitig stellt man sich immer noch selbst die Frage, ob Trip richtig handelt und wie man selbst entscheiden würde. Der überraschend tragische Schluss tut sein Übriges und so kann man gute 4 Punkte der Spannung anrechnen.

Für eine solche ruhige Episode sind die Spezialeffekte diesmal erstaunlich gut und aufwändig. Hiermit ist natürlich die Präsentation des Hypergiganten gemeint, die einen weiteren ruhigen Gegenpol darstellt und ohne hektische Action auskommt. Sehr beeindruckend und deshalb 5 Punkte wert. Dabei sollte man auch nicht die unterschwellig gelbe Beleuchtung der Enterprise vergessen, die auch Stimmung transportiert. Man sah z.B. ähnliches im 7. Kinofilm, "Star Trek: Treffen der Generationen".

Es sei noch kurz erwähnt, dass die Episode Ähnlichkeiten mit "Verbotene Liebe" besitzt, in der Commander Riker auf eine Spezies mit nur einem Geschlecht trifft.

Der Captain der Vissianer, Drennik, wird sehr sympathisch von Andreas Katsulas verkörpert. Katsulas war in einigen TNG-Episoden als romulanischer Commander Tomalak zu sehen, bekannt wurde er durch seine Rolle als G'Kar in "Babylon 5".

LeVar Burton (TNGs Geordi LaForge) führte hier Regie. Er erwies sich als hervorragende Wahl und konnte sehr gut die tiefergehenden Trek-Werte in die neue Serie integrieren. Auf diesem Gebiet wird er mit "Ebenbild" und "Die Vergessenen" in der 3. Staffel ähnlich starke Folgen präsentieren, die zum weiteren Nachdenken anregen.

Unterm Strich eine sehr gute Episode, die tiefgehende Diskussionen auslöst. Es könnte ruhig mehr davon geben.
Spannung: 4 SFX: 5 Handlung: 6 Gesamt: 6
Zusammenhänge
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Ausdruck vom: 14. 12. 2024
Stand des Reviews: 15. 11. 2024
URL: http://www.startrek-index.de/tv/ent2_22.htm