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TNG 2.11 Die Iconia Sonden


Contagion

von Yann-Patrick Schlame

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 42609,1
Die Enterprise ist auf dem Weg zu einem Treffen mit ihrem Schwesterschiff Yamato. Deren Captain, Donald Varley, ist in der neutralen Zone zwischen Föderation und romulanischem Imperium auf der Suche nach dem sagenumwobenen Planeten Iconia, doch sein Schiff weist eine Reihe von immer schwereren Fehlfunktionen auf. Als die Enterprise und die Yamato sich treffen, wird das Ausmaß der Störungen klar: Als sich ein Kraftfeld in der Shuttlerampe der Yamato von selbst abschaltete, starben 18 Crewmitglieder. Picard verspricht sofortige Hilfe und lässt zunächst einmal das Computerlogbuch der Yamato überspielen. Noch während er mit Varley spricht, scannt man einen sprunghaften Energieansteig auf dem Maschinendeck der Yamato. Bevor jemand zu einer Reaktion fähig ist, explodiert die Yamato - es gibt keine Überlebenden.
Gleich darauf enttarnt sich ein romulanischer Warbird direkt vor der Enterprise. Picard will wissen, ob jener für die Zerstörung der Yamato verantwortlich ist. Subcommander Taris verneint dies: Sie hätte die Yamato nicht zerstört - allerdings wäre sie absolut dazu in der Lage gewesen, hätte sie es gewollt. Sie verlangt, dass sich die Enterprise sofort aus der neutralen Zone zurückzieht. Picard stimmt zu - sobald er die Ursache für die Zerstörung der Yamato gefunden hat. Daraufhin tarnt sich der Warbird. Riker merkt an, dass dies ein gutes Zeichen sei, denn mit aktivierter Tarnung können die Romulaner nicht feuern. Doch Worf gibt zu bedenken, dass man diese Hürde möglicherweise überwunden hat, immerhin war das romulanische Schiff auch getarnt, als die Yamato explodierte...

Nach einigen Nachforschungen findet Geordi heraus, dass die Yamato nicht den Romulanern zum Opfer fiel. Stattdessen versagte das Antimaterieeindämmungsfeld. Er meint, dass dies praktisch unmöglich sein sollte: Für den Notfall gäbe es immer noch ein System, das die Antimaterie ausstößt, bevor es zu einer Explosion kommen könnte. Dieses System sei auf der Yamato auch angelaufen, doch dann habe es sich abgeschaltet. Die verbleibende Antimaterie reichte aus, das Schiff zu zerstören. Die Ursache dieses schweren Versagens ist noch unbekannt, jedoch lässt sich nicht ausschließen, dass es sich um einen Konstruktionsfehler handelt, denn immerhin gehört die Galaxy-Klasse zu den kompliziertesten Raumschiffkonstruktionen überhaupt. Da die Enterprise ebenfalls dieser Schiffsklasse angehört, besteht die grundsätzliche Gefahr, dass sich der gleiche Fehler auch hier ereignet. Also setzt Picard Geordi auf eine gründliche Überprüfung aller Systeme an.
Indes überprüft er Varleys persönliches Computerlogbuch auf Einträge nach "Iconia" und "Romulanern". Dabei zeigt sich, dass Varley auf einem öden und menschenleeren Planeten offenbar die Heimat der vor Jahrtausenden verschwundenen Iconier gefunden hat. Bei seiner Ankunft traf sein Schiff auf einen unbemannten Flugkörper, der vermutlich iconianischer Herkunft war, und der die Yamato offenbar erfolglos zu kontaktieren versuchte.
Mit diesen Informationen begibt sich Picard auf die Brücke, wo er mit Data die visuellen Aufzeichnungen der Yamato checkt. Tatsächlich gibt es eine Aufzeichnung einer fremdartigen Sonde, die vermutlich versucht hat, die Yamato zu scannen. Picard lässt Kurs setzen auf die Koordinaten des Planeten, um dort Varleys Forschungen fortzusetzen.

Während des Fluges, der laut Data bei Warp 8 12 Stunden und 16 Minuten dauert, sucht Wes den Captain auf: Er möchte wissen, was es mit dem Iconia-Mythos auf sich hat. Picard erläutert, dass einiges darauf hindeutet, dass die Iconier einst in diesem Sektor lebten, denn nur durch ihre Existenz ließen sich archäologische Funde auf drei verschiedenen Sonnensystemen erklären. Vermutlich waren sie ein kriegerisches Volk, denn alte Aufzeichnungen bezeichnen sie als "Dämonen der Luft und der Dunkelheit", und es heißt, sie hätten die Fähigkeit besessen, ohne Raumschiffe zu reisen. Daher wäre es überaus interessant, einen Blick auf ihre Technik zu werfen - und auch, dafür zu sorgen, dass die Romulaner die Technik der Iconier nicht in die Hände bekommen...

Als sich Picard einen Tee bestellt, liefert ihm der Replikator stattdessen eine Topfpflanze. Es zeigt sich, dass auf der ganzen Enterprise leichte bis mittlere Fehlfunktionen auftreten, für die es keine Erklärung gibt. Offenbar ist es das gleiche Problem, das auch die Yamato hatte. Geordi ist sich mittlerweile sicher, dass es kein Konstruktionsfehler war, der zur Zerstörung der Yamato führte, aber eine Erklärung kann er noch nicht liefern. Schließlich trifft die Enterprise bei dem Planeten ein. Auf der Oberfläche gibt es keine Lebenszeichen, allerdings deuten Zerstörungen darauf hin, dass vor ca. 200.000 Jahren jemand ganze Arbeit bei der Vernichtung der Iconier geleistet hat. Einzig eine Energiequelle ist auszumachen - und von dieser startet nach kurzer Zeit eine Sonde. Picard will Geordi bei der Suche nach den Ursachen der Systemfehler helfen, indem er die Sonde an Bord beamt. Geordi ist gerade im Maschinenraum, als er entdeckt, dass die Enterprise verloren sein wird, falls es der Sonde gelingt, das Schiff zu scannen. Doch gerade in dem Moment fällt die Kommunikation aus und die Hälfte der Turbolifts versagt ihren Dienst. Der Lift, den Geordi dann nimmt, hat aber ebenfalls schwere Funktionsstörungen: Geordi wird im Lift hin- und hergeschleudert, landet aber schließlich unsanft auf der Brücke. Er sagt, man müsse die Sonde sofort zerstören, und Picard gibt den entsprechenden Befehl.
Geordi führt aus, was auf der Yamato vorgefallen ist: Die fremde Sonde überspielte während des Scannens ein Computerprogramm in den Bordcomputer der Yamato. Das Programm begann nach kurzer Zeit, die Systeme des Schiffes umzuprogrammieren. Doch da es mit den Schiffssystemen völlig inkompatibel ist, kam es zu den Funktionsstörungen, die schließlich in die Zerstörung des Schiffes mündeten. Die Enterprise ist ebenfalls betroffen, da sie das Logbuch ihres Schwesterschiffes überspielte. Allerdings kam das fremde Programm damit nur zerstückelt an Bord, so dass man noch einige Zeit hat, das Problem zu lösen - gelingt das nicht, droht auch der Enterprise die Zerstörung. Leider ist Geordi nicht in der Lage, es mit dem hoch entwickelten fremden Programm aufzunehmen, doch er versucht sein Bestes.

Bald darauf steht er wieder mit Data im Maschinenraum, als sich seine Konsole überlädt und ihn eine Energieentladung trifft. Data will Geordi helfen und reißt ihn von der Konsole weg - doch hat er offenbar etwas zu viel Kraft aufgewendet, denn Geordi fliegt glatte zwei Meter durch den Raum, bevor er hart auf dem Boden aufschlägt. Zum Glück scheint er die Sache gut überstanden zu haben, denn, noch auf dem Boden liegend, fragt er:
"Data?"
"Ja?"
"Was ist passiert?"
"Jede Antwort wäre rein spekulativ. Aber es hat sich wieder mal gezeigt, wie sehr sich unsere Körperkonstruktionen unterscheiden."
"Ja, Data, das habe ich gemerkt..."

Indes beraten Picard und Riker, was zu tun ist. Da man des Rätsels Lösung wohl nicht an Bord der Enterprise finden kann, soll ein Außenteam gebildet werden. Gegen Rikers Einspruch beharrt Picard darauf, das Außenteam selbst zu führen, immerhin beschäftigt er sich seit Jahrzehnten in seiner Freizeit mit der Archäologie, so auch mit dem Mythos um die Iconier. Er übergibt Riker das Kommando und beamt mit Data und Worf auf den Planeten.
Bald darauf enttarnt sich der romulanische Warbird in der Nähe der Enterprise und aktiviert seine Torpedos. Zu allem Überfluss versagen genau in diesem Moment die Schilde der Enterprise, doch dann deaktivieren die Romulaner ihre Waffen. Schilde und Waffen der Enterprise stehen plötzlich wieder zur Verfügung, nur um im nächsten Moment wieder zu versagen. Entnervt bestellt Riker eine Ladung Steine, damit man wenigstens etwas zum Werfen habe, und ruft dann die Romulaner. Subcommander Taris droht, die Enterprise zu zerstören, denn das romulanische Imperium erhebt Anspruch auf diesen Planeten. Rikers Einwand, dass der Planet in der neutralen Zone liegt und damit von Niemandem beansprucht werden kann, wischt Taris unter Hinweis auf ihre Feuerkraft beiseite - doch offenbar haben auch die Romulaner ernste Probleme: Ihre Torpedos aktivieren und deaktivieren sich ständig, ähnlich den Waffen der Enterprise. Riker schlägt Taris vor, die Streitigkeiten zu verschieben, bis man die vordringlichen Probleme gelöst hat. Dann startet eine weitere Sonde vom Planeten, diesmal mit Kurs auf die Romulaner. Die Waffen der Enterprise sind momentan nicht einsatzbereit, also fordert Riker Taris auf, die Sonde zu zerstören, sofern sie dazu in der Lage ist, ansonsten wäre sie verloren. Tatsächlich gelingt es den Romulanern, die Sonde gerade noch rechtzeitig abzuschießen.
Dass die Romulaner die gleichen Probleme wie die Enterprise haben, lässt vermuten, dass sie das Logbuch der Yamato angezapft haben.

Auf dem Planeten haben Picard, Data und Worf mittlerweile einen noch intakten Kontrollraum entdeckt, der offenbar mit der Startkontrolle der Sonden zu tun hat. Picard ist begeistert von diesem Einblick in ein längst vergangenes Kapitel der Geschichte, während Data versucht, die Schriftzeichen, die er auf einer Kontrollkonsole vorfindet, zu entziffern. Zusammen mit dem Captain erkennt er, dass es sich offenbar um eine Ursprache handelt, aus der sich später das Dinasische entwickelt hat, ebenso wie die Sprachen von Dewan und Iccobar. Es gelingt Data, zumindest in den Grundzügen die Bedeutung der Symbole zu erkennen, doch versehentlich aktiviert er einen Energiestrahl, der von der Wand reflektiert wird, so dass sich mitten im Raum ein mannshohes Portal öffnet. Misstrauisch beäugt man es, und Worf vermutet, es könnte eine Projektion sein. Um sicher zu gehen, hält Data seinen Arm hinein, der darin eintaucht - also ist es keine Projektion. Picard vermutet, dass es sich hier um ein Iconianisches Portal handelt; mit Hilfe dieser Tore im Raum konnten die Iconier also das All bereisen, ohne Raumschiffe zu benötigen. Data würde gerne den geheimnissvollen, aber offenbar sehr schönen Planeten betreten, der auf der anderen Seite zu sehen ist, doch Picard warnt, dass es möglicherweise keinen Weg zurück geben könnte.
Worf meint, mit diesen Portalen wäre es den Iconiern also möglich gewesen, ihre Feinde zu überlisten. Doch Picard erwidert, dass die Iconier aller Wahrscheinlichkeit nach eine friedliche Kultur waren; nichts an diesem Raum deute auf eine militärische Nutzung hin, vielmehr scheint es sich um das Äquivalent eines Transporterraumes zu handeln. Die Behauptung, die Iconier wären ein Volk von Eroberern gewesen, wurde höchstwahrscheinlich von denen aufgestellt, die sie vernichtet haben: Vermutlich gab es ein Volk, das kriegerischer veranlagt war als die Iconier, aber nicht so weit entwickelt. Aus Angst vor dem Unbekannten vernichteten sie die Iconier. Doch es wäre möglich, dass nicht alle Iconier dem Angriff zum Opfer fielen: Mittels Portalen wie diesem könnten möglicherweise viele Iconier geflüchtet sein, so dass sie schließlich über die ganze Galaxis verstreut waren.
Als Data weiter an den Kontrolltafeln hantiert, wird er plötzlich von einem weiteren Energiestrahl getroffen und bricht zusammen. In abgehackten Sätzen erklärt er, dass das fremde Programm soeben auch auf ihn übertragen wurde und nun versucht, sein System zu rekonfigurieren. Picard erkennt, dass von diesem Portal eine große Gefahr ausgeht: Sollten die Romulaner es in die Hände bekommen, würden sie es als Waffe nutzen. Also muss er es zerstören. Mit letzten Kräften kann Data dem Captain erklären, dass er zunächst eine Sonde starten muss, dann jedoch den Verriegelungsmechanismus manuell zu blockieren hat. Die Sonde kann dann nicht starten, und die Überladung wird den gesamten Komplex zerstören. Doch man hat keinen Kontakt zur Enterprise mehr. Das Problem löst sich allerdings von selbst: Das Portal, das seit dem Erscheinen in kurzen Abständen fremde Planeten zeigt, führt kurzzeitig auch mitten auf die Brücke der Enterprise. Worf, der das Portal beobachtet hat, meint, dass der Durchgang zur Enterprise etwa alle 4 Minuten erscheint. Picard fordert ihn auf, mit Data auf die Enterprise zurückzukehren, sobald das Portal das nächste Mal dorthin führt. Er selbst müsse dann die Zerstörung des Komplexes durchführen. Um nicht selbst dabei zu sterben, will er ebenfalls durch das Portal gehen; selbst, wenn es ihn an das Ende des Universums verschlagen sollte, wäre das weit besser, als bei der Explosion hier vor Ort zu sein. Widerwillig stimmt Worf zu, denn er weiß, dass Data die letzte Hoffnung für die Enterprise ist. Als es soweit ist, steigt er mit Data durch das Portal und kommt tatsächlich auf der Brücke der Enterprise an. Man bringt den schwer beschädigten Data aufs Maschinendeck.

Dann aktiviert Picard die Startsequenz der Sonden: Wie Data ihm noch erklären konnte, muss er auf einem dreieckigen Kontrollfeld nacheinander die Tasten Blau Bernstein Bernstein Rot drücken. Es beginnt ein Countdown in einer fremden Sprache.

Geordi bemüht sich verzweifelt, Data zu helfen, doch er kann nichts mehr für den Androiden tun: Data ist tot. Doch plötzlich öffnet Data die Augen und richtet sich auf, dann meldet er "Korrigiere Files...". Riker will wissen, wie das möglich ist, und Geordi überlegt fieberhaft, was mit Data passiert ist. Dann kommt er drauf: Datas Selbstdiagnose hat die Störungen erkannt und dann, als Data der Tod drohte, den Kurzzeitspeicher gelöscht. Geordi entdeckt, dass man dasselbe mit der Enterprise machen könnte: Man müsste sämtliche Maschinen herunterfahren und neu starten. Direkt nach der Reinitialisierung des Computerkerns müsste man sämtliche Kurzzeitspeicher sowie das Logbuch der Yamato löschen, und damit sollte das Problem behoben sein. Rikers Einwand, dass die Enterprise dann für einige Sekunden wehrlos wäre, wischt Geordi beiseite, denn tut man nichts, wird die Enteprise auf jeden Fall bald von dem fremden Programm vernichtet, wie es bei der Yamato der Fall war. Also beginnt man.

Als die Sonde startet, drückt Picard dreimal nacheinander das blaue Feld, und wie erwartet kommt es sofort zu einer schweren Überladung, schon fliegen Funken durch den Raum. Dem Captain bleibt nichts, als sofort durch das Portal zu gehen.

Die Enterprise ist inzwischen wieder voll einsatzbereit. Chief O'Brien hat gerade den Captain auf der Oberfläche lokalisiert und will ihn hochbeamen, als der Captain verschwindet - um sogleich auf dem romulanischen Schiff aufzutauchen.

Taris erblickt Picard und verspürt Genugtuung: Sie meint, sie könne die Selbstzerstörung ihres Schiffes nicht mehr aufhalten, aber wenigstens würde Picard mit ihr sterben. Als jener jedoch sogleich vom Transporterstahl der Enterprise erfasst wird, bleibt ihm noch Zeit, spöttisch anzumerken: "Nein, das glaube ich nicht, Commander."

Im Transporterraum angekommen, ordnet Picard sofort einen Kurs weg vom Warbird an, da jener gleich explodieren wird. Doch Riker bittet um einen kurzen Aufschub: Er kontaktet Taris und berichtet ihr, wie sie die Zerstörung aufhalten und den Virus beseitigen kann. Dann verschwindet man mit Warp 8, für den Fall, dass die romulanischen Ingenieure nicht so gut sind, wie es Geordi ist...




Bewertung

"Die Iconia Sonden" ist eine sehr interessante und vielschichtige Episode. Neben dem titelgebenden Planeten wird man auch einmal mehr mit den immer misstrauischen Romulanern konfrontiert, es gibt eine gute Prise Selbstironie, und die Handlung ist, wenn auch nicht überragend, so doch zumindest ausreichend spannend, um für die Verhältnisse dieser Staffel als akzeptabel durchzugehen.

Zur Bewertung im Einzelnen:

Im Vordergrund steht sicherlich die Story um die geheimnisvollen Iconier und die Probleme, die das Auffinden ihres früheren Heimatplaneten mit sich bringt. Wie es üblich ist, handelt es sich dabei um eines der Völker, von denen man nie zuvor gehört hat, die aber angenehmerweise auch nicht als übermächtig dargestellt werden, wie es sonst mitunter der Fall war bzw. sein wird (vergleiche beispielsweise die Sheliak in "Die Macht der Paragraphen"). Im Zusammenhang mit den Iconiern wird man auch auf eine von Picards Leidenschaften aufmerksam gemacht, die seinem Charakter einen individuellen und wichtigen Aspekt einverleibt, nämlich seine Liebe zur Archäologie. Wie er erwähnt, beschäftigt er sich schon seit der Akademie mit den Iconiern, so dass es nicht weiter verwundert, dass er hier die Vorschriften verletzt, um selbst das Außenteam führen zu können. Neben dem praktischen Nutzen seiner Kenntnisse spielt hier sicher auch eine Portion Eigennutz mit hinein, denn als Forscher kann er sich den Besuch Iconias natürlich nicht entgehen lassen.
In einem recht schönen Gespräch zwischen Wesley und dem Captain, wie auch im Finale bei einem Gespräch zwischen Picard und Worf, wird anhand der Iconier verdeutlicht, wie sehr die Geschichtsschreibung vom Standpunkt abhängt, und wie sehr die Bewertung einer fremden Kultur von den Stärken und der Entwicklung der eigenen Kultur abhängt: Irgendein fremdes Volk hat, soweit man weiß, die Iconier aus Angst vor ihrer überlegenen Technik vernichtet, obwohl die Iconier vermutlich gar keine bösen oder kriegerischen Absichten hegten (fragt sich allerdings, wie die Angreifer ausgerechnet eines der Portale übersehen konnten...).

Der Sinn der Sonden will nicht unbedingt auf Anhieb einleuchten: Sollten sie mit fremden Schiffen Kontakt aufnehmen, indem sie ihr Programm überspielten? Sollte das Programm Kommunikation ermöglichen, oder sollte es die Fremden ausspionieren? Es ist jedenfalls zu vermuten, wie es auch von Picard gesagt wird, dass das Programm nicht unbedingt die Zerstörung der Fremden zum Ziel hatte, denn eine Waffe scheinen die Sonden nicht zu sein. Die Probleme von Enterprise, Yamato und Romulanern sind wohl eher auf eine Inkompatibilität zurückzuführen, die sich leicht erklärt, wenn man bedenkt, dass 200 Jahrtausende zwischen der Gegenwart und den Zeiten der Iconier liegen. Hier kann man sich aber auch mit Recht fragen, ob allen Ernstes vor 200.000 Jahren eine Kultur existiert haben kann, die der heutigen so weit ähnelte. Immerhin müssen die Computer genügend kompatibel sind, um sich gegenseitig zu beeinflussen. Im Rahmen des fiktiven Star Trek-Universums lässt sich die Möglichkeit natürlich nicht ausschließen, aber vielleicht hätte man bei der Angabe des Alters der iconianischen Kultur doch auf zwei oder drei Nullen verzichten sollen.
Wie dem auch sei, es ergibt sich eine wunderbare Parallele zwischen der damaligen und der heutigen Situation: Aus Angst vor ihrer Überlegenheit vernichtete man die Iconier. Aus Angst vor den Romulanern vernichtet Picard nun den ersten bekannten Beweis für die Existenz der Iconier. In wissenschaftlicher Hinsicht ist sein (bzw. Varleys) Fund eine Sensation. Dennoch ist er fast ohne Zögern bereit, das Portal zu zerstören. Hier zeigt sich beinahe dieselbe Haltung, die er den alten Angreifern unterstellt, nur mit dem Unterschied, dass Picard mit dem Zerstören des Tores niemanden tötet.
Dennoch: Gegenüber Worf gibt Picard zu Beginn der Episode, nach der Explosion der Yamato, zu bedenken, dass man keinen Beweis für einen aggressiven Akt der Romulaner habe. Später im Kontrollzentrum erklärt er unmissverständlich, dass die Romulaner das Portal als Waffe gebrauchen würden. Kann er da so sicher sein? Abgesehen von einigen Zusammenstößen zwischen der Enterprise und romulanischen Warbirds, die sich alle innerhalb des letzten halben Jahres ereigneten, hat man von den Romulanern in den letzten Jahrzehnten wenig gehört. Auch, wenn man vor langer Zeit gegen sie Krieg führte, kann man dann sicher sein, dass sie sich nicht mittlerweile geändert haben? Es zeigt sich einmal mehr, dass das Verhältnis zwischen Romulanern und Föderation nach wie vor sehr angespannt ist - doch angesichts Taris' Drohung, die Enterprise zu zerstören, scheint dieses Misstrauen auch angebracht.

Damit wäre gleich der nächste Aspekt angesprochen, also das erneute Aufeinandertreffen mit den Romulanern. Insgesamt gestaltet sich dieses Treffen nicht sonderlich anders als bisher: Die Romulaner werfen mit Drohungen nur so um sich, in völliger Ignoranz der Tatsache, dass sie durch die Zerstörung der Enterprise einen neuen Krieg auslösen könnten, beschließen dann aber jeweils im letzten Moment, einen bewaffneten Konflikt zu vermeiden, um gemeinsam das Problem zu lösen oder um zumindest erst einmal herauszufinden, was eigentlich los ist. Angenehm ist allerdings, dass von den Romulanern eine große Gefahr ausgeht. Anders als bei manch anderem Konflikt würde ein Kampf mit den Romulanern mit großer Wahrscheinlichkeit zur Zerstörung der Enterprise führen, so dass man seitens der Föderation gezwungen ist, mit Diplomatie und einer gewissen Portion Verschlagenheit vorzugehen, um die Situation ohne Waffeneinsatz zu klären. Der Schleier des Geheimnisvollen, der seit den Anfängen Star Treks über den Romulanern liegt, wird in dieser Episode nicht angetastet, und das ist auch gut so. Bis einschließlich Deep Space Nine behalten die Romulaner größtenteils dieses gewisse, geheimnisvolle Etwas, im Gegensatz beispielsweise zu den Klingonen, die im Verlauf der Next Generation und später bei DS9 durch intensive Kontake zur Föderation von diversen Seiten ausgeleuchtet werden, wodurch sie weit weniger bedrohlich erscheinen - allerdings dafür umso interessanter. Bezogen auf "Die Iconia Sonden" lässt sich festhalten, dass die Romulaner geheimnisvoll und gefährlich bleiben, was auch durch Worfs beständig aggressive Haltung ihnen gegenüber unterstrichen wird.

Der Aufbau der Story über die gesamte Episode hinweg betrachtet ist durchaus interessant. Mit den Fehlfunktionen der Enterprise und der drohenden Zerstörung aufgrund unbekannter Faktoren ist bereits das Element des Zeitdrucks vorhanden, was auch hier seine Wirkung nicht verfehlt und einsetzend mit den ersten Fehlfunktionen die Spannung steigert. Dazu kommt der drohende Angriff durch die Romulaner, die "ihre Seite" der neutralen Zone verteidigen wollen, und die natürlich auch das Geheimnis der Iconier lüften wollen, womit ein weiteres Spannungselement eingeführt ist.
Dass die Enterprise all diesen Widrigkeiten zum Trotz auch die nächste Episode erleben wird, verwundert natürlich nicht, aber die Suche nach einer Lösung erhält die Spannung aufrecht: Während sich Riker mit Systemversagen und Romulanern herumschlagen muss, ist Picard auf der Suche nach einer Problemlösung, was durch Datas Ausfall erschwert wird. Datas Selbstdiagnose, die Geordi dann kurz vor Ultimo den Weg aus der Katastrophe aufzeigt, kommt aufgrund der Kameraeinstellung, die den (scheinbar) toten Data viel zu offensichtlich focussiert, leider nicht so überraschend, wie sie eigentlich gesollt hätte, ist aber auch nicht so banal, dass man sie hätte voraussehen können.
Ein letztes Hoch des Spannungsbogens ist dann mit Picards Flucht aus dem explodierenden Kontrollraum gegeben: Er gelangt direkt vom Regen in die Traufe, oder mit anderen Worten aus dem Raum auf die Brücke des Warbirds. Diese Wendung kommt, da man die Brücke des Warbirds zuvor bereits mehrfach im Portal sehen konnte, nicht ganz unerwartet, ist aber ein nettes Schmankerl als Abschlussgag, was durch Picards schnippisches "Nein, das glaube ich nicht, Commander" [dass ich auf ihrem Schiff sterben werde] unterstrichen wird.

Neben Picard stehen in erster Linie Data und Geordi im Vordergrund, da sie als Techniker bzw. Wissenschaftler noch am ehesten zur Lösung des Problems beitragen können. Die herrliche Szene, in der Data Geordi, der gerade von einer Energieentladung getroffen wird, etwas zu kräftig vom Pult wegreißt, ist in humoristischer Hinsicht der Höhepunkt der Episode (siehe Dialogstelle in der Beschreibung), gefolgt von Datas Verwirrung, nachdem er von den Toten wiederauferstanden ist ("Kann ich helfen?").
Die übrigen Charaktere haben eher wenig zu tun. Dr. Pulaski ist nur in einer ziemlich überflüssigen Szene zu sehen, wo sie einem verdutzten Assistenzarzt erklärt, dass man gebrochene Beine auch schienen kann, wenn technische Hilfsmittel versagen.
Deanna ist eigentlich nur in einer Szene von Belang, als sie Riker darauf hinweist, dass alle an Bord sehr nervös seien und irgendeine Ablenkung bräuchten. Riker beauftragt daher Deanna, eine Evakuierung vorzubereiten; zwar wäre es unwahrscheinlich, dass man die Enterprise tatsächlich hier mitten in der neutralen Zone evakuiert, aber die Vorbereitung würde alle ablenken.
Zwischen Wes und Picard gibt es, wie weiter oben erwähnt, ein Gespräch über die Iconier, in dem Wes sich auch fragt, wie Picard und die anderen den Gedanken an all die Toten auf der Yamato so einfach verarbeiten können. Erwartungsgemäß erwidert Picard, dass es ihm nicht leichtfällt, doch dass er sich auf seine Pflichten konzentrieren muss. Das Gespräch verdeutlicht in gewisser Weise, wie Picard für Wes immer mehr zum Vaterersatz wird (siehe auch "Das Herz eines Captains"), was in letzter Konsequenz auch auf die Ereignisse um den "Reisenden" zurückgeht.

Bleiben einige Details zu erwähnen:

  • Im Gespräch mit Wes erläutert Picard die Ähnlichkeit zwischen der Erforschung des Weltalls durch die Iconier und die Entdeckung Chinas durch Marco Polo; weiß man im 24. Jahrhundert mehr über den venezianischen Händler, der angeblich gar nicht durch die Welt gereist ist? Zumindest gibt es doch in Historikerkreisen nach wie vor berechtigte Zweifel an der Autentizität Polo's Reisen, sodass es etwas kühn erscheint, dass die Autoren Polos Berichte als wahr hinnehmen.
  • Als Picard Varleys persönliche Logbücher checkt, wird die jeweilige Sternzeit im Display eingeblendet; Respekt: Sämtliche Sternzeiten stimmen mit den bisherigen Ereignissen und der am Anfang der Episode genannten Sternzeit überein!
  • Die Registrierungsnummer der USS Yamato lautet NCC-71807
  • Ein erfreuliches Detail: Als sich die Enterprise ganz am Ende schleunigst aus dem Staub macht, sieht man im Hintergrund auf der Oberfläche des Planeten die Explosion der Sondenstartanlage
  • Data verwendet eine Abkürzung: Als er Geordi vom überladenden Pult wegreißt, sagt er ganz deutlich:
    "... es hat sich wieder mal gezeigt, wie sehr...". Vermutlich ist dies auf die Synchronisation zurückzuführen, obwohl es auch bekannte Fälle solcher Abkürzungen in der Originalfassung gibt, jedoch liegen mir hierüber keine genauen Informationen vor.

Zusammenfassend ist "Die Iconia Sonden" eine solide Episode, die in Hinblick auf Kameraführung und musikalische Untermalung klar auf dem mittelmäßigen Niveau der zweiten Staffel liegt, in Sachen Spannung und Handlung aber über dem Durchschnitt angesiedelt ist, während sich die visuellen Effekte auf normalem Niveau bewegen.

Bestes Zitat, von Riker, als die Torpedos der Romulaner kurz vor dem Abfeuern versagen:

"Das Schicksal... beschützt Narren, kleine Kinder und Schiffe mit dem Namen Enterprise."

Spannung: 5 SFX: 3 Handlung: 5 Gesamt: 5
Zusammenhänge
  • Die Romulaner waren zuletzt im Finale der ersten Staffel in "Die neutrale Zone" zu sehen, wo sie sich nach jahrelanger Isolation zurückmeldeten.
  • Ein weiteres der geheimnisvollen Portale der Iconier gibt es bei Deep Space Nine in der Episode "Die Abtrünnigen" zu sehen, wo sich einige Jem'Hadar des Portals bemächtigen wollen.
  • Im DS9-Roman "Dämonen der Luft und Finsternis" tauchen die Iconier selbst wieder auf und reaktivieren ihre verbleibenden Portale.
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Ausdruck vom: 19. 04. 2024
Stand des Reviews: 26. 11. 2020
URL: http://www.startrek-index.de/tv/tng2_11.htm