DSi

TNG 7.18 Der Fall 'Utopia Planitia'


Eye of the Beholder

von Yann-Patrick Schlame

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 47622,1
Ohne erkennbare Ursache gibt es ein Problem mit den Plasmainjektoren, das Plasmaentlüftungssystem wurde aktiviert, lässt sich nicht mehr ausschalten. Wenn die Injektoren nicht schnell abgeschaltet werden, muss der Warpkern abgeworfen werden, um eine Katastrophe zu verhindern. Riker und Worf klettern über einen Zugangstunnel auf dem schnellsten Weg in den Raum, in dem sich die Injektoren kontrollieren lassen. Dort angekommen erklärt Lt. Nara, dass Lt. Daniel Kwan die Kontrollen blockiert hat, bevor sie wusste, was er tat. Anschließend ist er eine Leiter hinaufgeklettert und steht vor einer Öffnung, hinter der sich ein Plasmafluss befindet. Riker klettert hinauf und will mit ihm reden, doch Kwan scheint verwirrt und ist offenbar entschlossen, in den Plasmastrom zu springen. Während Worf die Injektoren deaktiviert, will Riker den jungen Lieutenant aufhalten, doch zu spät: Kwan springt und wird sofort getötet.

Später, in einer Besprechung, ist Riker niedergeschlagen, weil er Kwan nicht aufhalten konnte. Er meint, dass er den Lieutenant erst vor Kurzem gelobt hat, und auch Deanna weiß nur Gutes über ihn zu berichten. Picard, für den es das erste Mal ist, dass unter seinem Kommando Selbstmord begangen wurde, ordnet eine Untersuchung an, um herauszufinden, weshalb Kwan das getan hat. Deanna und Worf sollen sich Kwans persönliche Logbücher vornehmen.
Indes meldet Geordi, dass der angerichtete Schaden so gut wie behoben ist und in einer Stunde wieder Warpantrieb zur Verfügung steht. Der Captain ist froh darüber, muss die Enterprise doch dringend benötigte medizinische Versorgungsgüter nach Barson II bringen; um den Rückstand wieder aufzuholen, hat die Enterprise die Genehmigung erhalten, die Warpbeschränkung zu überschreiten.
Im Maschinenraum fragt sich Data, weshalb jemand seinem Leben freiwillig ein Ende setzen sollte. Allerdings erzählt er Geordi, dass er selbst einmal in einer ähnlichen Situation war: Kurz nach seiner Aktivierung drohte seinem neuralen Netz ein Kaskadeneffekt, der ihn lahmgelegt hätte. Er hatte die Wahl, sich deaktivieren zu lassen und damit zwar die Gefahr abzuwenden, dafür jedoch all seine Erinnerungen zu verlieren, was er mit einem Selbstmord vergleicht. Letztlich hatte er sich jedoch gegen die Abschaltung entschieden und Glück gehabt - im Gegensatz zu Lt. Kwan, der offensichtlich nicht mehr mit seinen Problemen leben wollte.

Im Kwans Quartier finden Worf und Troi zu ihrer Überraschung alles sauber und gut geordnet vor; es gibt keine Abschiedsbotschaft, und in seinem letzten Logbucheintrag berichtet Kwan, dass er sich schon freut, am Abend Fähnrich Calloway, seine Freundin, zu treffen.
Mit jener unterhält sich Deanna gleich darauf. Sie kann es noch gar nicht glauben, dass Daniel sich umgebracht hat, und weiß ebenfalls nur Gutes über ihn zu sagen, allerdings fällt ihr ein, dass er kürzlich von Lt. Nara sprach, seiner Vorgesetzten in der Antriebsabteilung, die möglicherweise befürchtete, dass Kwan auf ihren Posten scharf sei.

Also geht Deanna dort hin, um mit Lt. Nara zu sprechen. Diese gibt zu, dass sie mit Daniel anfangs nicht besonders gut klar kam, aber große Probleme hatten die beiden nicht. Deanna klettert die Leiter hinauf, wo Kwan in den Strom gesprungen war. Plötzlich spürt sie eine Flut von Emotionen, gerät ins Straucheln und fällt beinahe in den Plasmastrom.
Als sie wieder zu sich kommt, verlässt sie erschrocken den Raum und begibt sich auf die Krankenstation, wo Dr. Crusher ihr allerdings nur sagen kann, dass Deannas Psilosyninwerte sehr hoch sind, was ein Anzeichen für starke empathische Aktivität ist. Picard vermutet, dass Deannas Erlebnis eine Art empathisches Echo gewesen sein könnte, doch Deanna ist sich da nicht sicher. Jedenfalls meint Picard, Troi solle jenen Raum nicht mehr ohne Begleitung betreten.

Inzwischen ist die Enterprise bei Sternbasis 328 angekommen, wo sie medizinische Vorräte an Bord nimmt. Worf und Troi nutzen die Zeit, um Aufzeichnungen durchzugehen und Unterlagen zu wälzen, doch dann kommen sie auf Deannas Erlebnis zu sprechen. Deanna berichtet von ähnlichen, aber viel angenehmeren Gefühlen, als ihr Großvater ihr damals am Kamin Geschichten erzählte. Worf fühlt sich an seine Visionen am Feuer erinnert. Doch bevor die beiden das Gespräch vertiefen können, verlässt Worf Deannas Quartier und begibt sich ins Zehn Vorne.
Dort trifft er an der Theke Riker, der sich gerade mit Lt. Correll, einer gutaussehenden Frau, unterhält. Worf versucht Riker durch die Blume mitzuteilen, dass er Interesse an Troi hat, aber ohne ihren Namen zu nennen. Er ist der Meinung, dass er erst Rikers Erlaubnis einholen sollte, bevor er eine Beziehung zu jemandem anfängt, mit dem Riker zusammen ist oder war. Riker versteht nicht, worauf Worf hinauswill und fragt nach, ob Worf von einer konkreten Person spricht. Worf möchte noch nichts Genaueres sagen und verlässt den Raum, als die Unterhaltung in eine peinliche Richtung steuert.

Am nächsten Morgen gehen Worf und Deanna noch einmal in den Raum, wo Kwan sich umbrachte. Wieder klettert Deanna die Leiter hoch und bittet Worf, die Tür zu öffnen, hinter der der Plasmastrom fließt. Worf tut es, und sofort hat Deanna eine Vision: Sie befindet sich noch im selben Raum, aber er sieht aus, als wäre er noch im Bau befindlich. Worf ist weg, dafür sieht Deanna eine Frau vor sich, die Angst zu haben scheint, dann einen Mann, der sie finster anblickt. Anschließend sieht sie die Frau zusammen mit einem anderen Mann, und beide lachen sie aus. Auf einem der Geräte in dem Raum fällt ihr eine Werkzeugtasche mit der Aufschrift "Utopia Planitia" auf.
Dann rempelt sie Worf an, und ihr wird klar, dass die Halluzination, wenn es denn eine war, vorbei sein muss. Beverly erkennt, dass Deannas Psilosyninwerte erneut sehr hoch liegen und rät ihr, den Raum nicht mehr zu betreten. Troi meint aber, dass sie dort gern noch einmal hinein gehen würde; wenn sie keine weitere Vision hätte, könnte sie sich vielleicht an mehr Details aus der Halluzination erinnern. Beverly erklärt, sie könnte einen Psilosyninblocker synthetisieren, was aber bis zum nächsten Morgen dauern würde.
Also machen sich Deanna und Worf daran, weitere Akten zu überprüfen. Die beiden finden heraus, dass Kwan vor acht Jahren in den Utopia Planitia-Werften beim Bau der Enterprise beteiligt war. Außerdem findet Deanna in den Unterlagen den Mann, der in der Vision so finster dreingeblickt hatte: Lt. Walter Pierce, der damals beim Bau der Enterprise Kwans Vorgesetzter war und nach wie vor auf der Enterprise arbeitet.
Sie suchen Pierce im Maschinenraum auf und fragen ihn über Kwan aus, erfahren aber nichts Neues. Doch nach dem Gespräch erwähnt Deanna, dass sie keinerlei Emotionen von ihm gespürt hat - das ist sehr merkwürdig und bedeutet, dass er selbst über telepathische Fähigkeiten verfügen muss. Allerdings ist sie sich auch so mit Worf einig, dass Pierce irgend etwas verheimlicht hat.
Abends wollen die beiden dann weitere Unterlagen einsehen, doch sie müssen erst Daten von der Sternenflotte übertragen, was einige Zeit dauern wird. Worf meint, er sollte besser gehen, doch als er sich verabschieden will, nimmt er Deannas Hand in seine und die beiden küssen sich leidenschaftlich.
Am nächsten Morgen ist Worf als erster wach und bringt Deanna das Frühstück. Leider werden beide gleich darauf zu Dr. Crusher gerufen: Die Psilosyninblocker sind bereit, und Worf muss sich um die sichere Lagerung einiger Medikamentenbehälter kümmern. Nachdem Troi das Mittel genommen hat, will sie sich auf den Weg in den Antriebsraum machen, doch bevor sie geht, hat sie das Gefühl, Worf würde sich gegenüber Lieutenant Calloway besonders freundlich verhalten...
Im Antriebsraum trifft sie Geordi und Data. Sie erinnert sich, dass in der Vision hinter einer Wandverkleidung irgend etwas gewesen war, also nimmt Geordi die entsprechende Verkleidung ab, und tatsächlich: Dort befinden sich hinter einer Plasmaleitung menschliche Knochenfragmente.

Es zeigt sich, dass jene von Fähnrich Marla Finn stammen, die während des Baus der Enterprise als vermisst gemeldet wurde. Als Deanna in ihrer Akte das Foto sieht, fällt ihr sofort auf, dass Lt. Finn die Frau aus ihrer Vision ist. Merkwürdigerweise war Kwan erst sechs Monate nach Finns Verschwinden zur Enterprise gekommen; Deanna war bisher davon ausgegangen, dass sie in ihrer Vision alles aus der Sicht Kwans gesehen hätte. Nichtsdestotrotz vermutet Picard, dass die Erinnerung an ein mögliches Verbrechen, das damals in jenem Raum stattfand, noch irgendwie dort vorhanden ist und von Deanna als Empathin aufgenommen wurde.
Es ist an der Zeit, noch einmal mit Pierce zu reden, aber Deanna fühlt sich momentan nicht sehr wohl, also will Worf das übernehmen, während sie in ihr Quartier geht.
Dort taucht allerdings nach kurzer Zeit Pierce auf und behauptet, Worf hätte ihn geschickt. Deanna ruft erst die Sicherheit, um Pierce vorläufig in sein Quartier sperren zu lassen, dann ruft sie Worf, dies jedoch ohne Erfolg. Vom Computer erfährt sie, dass Worf sich in Fähnrich Calloways Raum befindet.
Wütend geht Deanna dorthin und öffnet per Sicherheitsüberbrückung die Tür. Drinnen sieht sie Worf, der eng umschlungen mit der jungen Calloway dasteht. Die beiden beginnen, Deanna schallend auszulachen, hören damit auch nicht auf, als Deanna brüllt, dass sie aufhören sollen. Schließlich greift sie sich einen Phaser und erschießt Worf. Geschockt läuft sie aus dem Raum, doch in einem Flur begegnet sie Pierce, der ihr nur sagt: "Sie wissen, was Sie zu tun haben!"
Deanna scheint zu verstehen, was er meint, denn sie läuft direkt in den Antriebsraum und klettert die Leiter hinauf. Sie zögert noch einen kurzen Moment, dann will sie in den Plasmastrom springen. Doch dabei...

... rempelt sie Worf an, der quicklebendig vor ihr steht. Deanna ist erleichtert, und es zeigt sich, dass alles, was seit dem Öffnen der Tür zum Plasmastrom geschehen ist, nur eine Vision war, also sowohl die Begegnung mit Pierce im Maschinenraum als auch die gemeinsame Nacht mit Worf und alles, was danach kam.

In einer später stattfindenden Besprechung erläutert Geordi, dass er hinter der entsprechenden Abdeckung zwar keine Knochen fand, aber zumindest Zellreste.
Der Captain erklärt, dass sowohl Pierce als auch Lt. Finn und der andere Mann, den Deanna in der Vision mit Finn zusammen gesehen hatte, damals bei einem Unfall getötet wurden. Doch nach dem, was Deanna erlebt hat, scheint es kein Unfall zu sein: Pierce hatte aus Eifersucht Finn und den anderen Mann mit einer Plasmaentladung getötet, war dabei selbst umgekommen. Da er einen betazoidischen Großvater hatte, haben sich die Vorkommnisse quasi als ein "übersinnliches Foto" in den Raum gebrannt. Kwan, der als halber Napianer über telepathische Fähigkeiten verfügt, muss dies genau wie Deanna wahrgenommen haben, so dass es von seinem Unterbewusstsein in Bilder umgesetzt wurde, wie bei Deanna die Visionen. Bloß hatte Deanna das Glück, dass Worf zur Stelle war, um sie zu retten.

Damit kehrt die Crew wieder auf die Brücke zurück, wo Worf noch fragt, wer ihn eigentlich in Deannas Vision getötet hat. Lächelnd erwidert sie:
"Niemand kann so rachsüchtig sein, wie eine verschmähte Frau."




Bewertung

Was wir hier haben, kann man wohl als eine Kriminalgeschichte deuten, immerhin geht es um die Aufklärung eines Verbrechens, auch wenn es zunächst nicht so aussieht. Dabei wird die Story halbwegs geschickt entwickelt: Am Anfang soll ein Selbstmord aufgeklärt werden, zum Schluss hin jedoch ist Deanna dermaßen in den Fall verwickelt, dass sie ihn gewissermaßen selbst durchlebt. Letzteres ist natürlich nur eine "geistige Reflexion", eine unterbewusste Reaktion auf das "übersinnliche Foto", wie Geordi es nennt: In den wenigen Sekunden, die Deanna vor dem Plasmastrom steht, glaubt sie den Verlauf mehrerer Tage zu durchleben.
Innerhalb dieser Vision erfährt sie, was damals in Pierce vorgegangen sein muss: Pierce' Geliebte, Lt. Finn, wird bei Deanna durch Worf ersetzt. Als sie jenen dann mit Fähnrich Calloway erwischt, entwickelt sie so viel Eifersucht, dass sie Worf erschießt und Selbstmord begehen will. Aus dieser Sicht der Dinge ist man beinahe geneigt, Pierce verstehen zu können. Auf der anderen Seite hat er mit der Plasmaentladung einen eiskalten Mord begangen, den er als Unfall getarnt hat, im Gegensatz zu Deanna, die Pierce' Gefühle in voller Intensität spürte und daher Worf mehr oder weniger im Affekt erschossen hat, um anschließend Selbstmord zu begehen.

Die Auflösung der Story ist ein wenig kompliziert, da man am Ende der Episode innerhalb weniger Sekunden verdauen muss, dass Pierce und die anderen aus der Vision, die kurz zuvor noch vollkommen lebendig waren, bereits vor acht Jahren gestorben sind und dass Kwan überhaupt nichts mit den Vorkommnissen zu tun hatte.
Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass die Beziehung zwischen Worf und Deanna nicht real war, sondern nur in ihrer Phantasie stattfand.
Allerdings ist es schon interessant, dass ihr Unterbewusstsein nicht etwa Riker auswählte, um den Aspekt der Liebe beziehungsweise Eifersucht zu symbolisieren, sondern Worf. Zudem war Worfs Unterhaltung mit Riker im Zehn Vorne noch "real". Daraus kann man wohl schließen, dass die beiden tatsächlich ein gegenseitiges Interesse aufweisen.

Von dieser Handlung abgesehen gibt es wenig zu sagen über die Episode. Erwähnenswert ist noch, dass Picard von der Warpbeschränkung spricht, womit er sich auf "Die Raumkatastrophe" bezieht: Seit jener Episode ist die Warpgeschwindigkeit für alle Sternenflottenschiffe auf Warp 6 beschränkt (die Beschränkung liegt bei Warp 5. Vielen Dank an unseren Leser Christopher Wenning für den Hinweis), nur im Notfall darf dies überschritten werden.
Der medizinische Notstand auf Barson II wird nur nebenbei erwähnt, so dass man nicht weiß, was dort eigentlich vor sich geht.

Insgesamt ist "Der Fall 'Utopia Planitia'" keine besonders herausragende Episode, deren teils wirre Handlung aber durch eine solide Marina Sirtis (Deanna Troi) und einen guten Michael Dorn (Worf) wieder ein wenig aufgewertet wird, so dass man hier von einer befriedigenden Folge sprechen kann, betrachtet man sie im Vergleich mit anderen Episoden der sehr hochwertigen siebten Staffel.

Anmerkung unseres Lesers Sascha:

Wenn mich nicht alles täuscht, ist der Synchron-Sprecher von Lt. Pierce der gleiche wie von VOY "Chakotay".

Stimmt, der Synchronsprecher scheint der gleiche zu sein. Laut dubDB handelt es ich um Frank Otto Schenk.

Spannung: 4 SFX: 5 Handlung: 4 Gesamt: 4
Zusammenhänge

Der Bau der Enterprise in den Utopia Planitia-Werften auf dem Mars wurde unter anderem in "Die Energiefalle" und "Die Begegnung im Weltraum" angesprochen.

Mark Rolston (Lt. Walter Pierce) ist bei Star Trek: Enterprise zwei weitere Male zu sehen: Als Kuroda Lor-ehn in "Canamar" und als Captain Magh in "Die Augments".

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Ausdruck vom: 06. 10. 2024
Stand des Reviews: 29. 08. 2024
URL: http://www.startrek-index.de/tv/tng7_18.htm