Deutscher StarTrek-Index  

Den Fall aufhalten

von Andrej Schwabe, 27.02.2017

Inhalt:
Kurz vor der Wahl zum Föderationspräsidenten steht der Showdown zwischen dem machtversessenen Interimpräsidenten Ishan Anjar und der oppositionellen Sternenflotten-Gruppe um Riker an. Gleichzeitig finden sich Hinweise auf die bewegte Vergangenheit Ishans, die berechtigte Zweifel an dessen bisheriger Version aufkommen lassen.

Kritik:
Königreiche des Friedens Was geschieht, wenn in der Föderation plötzlich ein irrationaler, machthungriger Mann ans Ruder kommt und die üblichen politischen Regeln und Ideale obsolet werden? Das war die interessante und erschreckend aktuelle Prämisse von "The Fall". Sie findet nun ihre Auflösung mit "Königreiche des Friedens", in der eine Gruppe von Sternenflottenoffizieren mit aller Kraft versucht, die scheinbar unvermeidliche endgültige Machtübernahme durch Ishan zu verhindern.
Zwar gab es schon mehrere Putschversuche in der Star Trek-Geschichte, so z.B. als Reaktion auf die zaghaften Annäherungsversuche mit den Klingonen in "Star Trek VI: Das unentdeckte Land" oder auch als vermeintlich starke Machtdemonstration gegen die formwandelnden Gründer in DS9 "Die Front". Keiner kam jedoch so unerwartet wie diesmal aus der Position eines Interimpräsidenten.

Dass Ishan offensichtlich ein falsches Spiel spielt, war lange klar. Nun laufen alle Fäden, die sich in den letzten Romanen aufgetan haben, zusammen und sorgen für ein spannendes Rennen gegen die Zeit. Picard, der mit seiner Enterprise bisher eher Nebenfigur in den "The Fall"-Romanen war, muss möglichst schnell, aber auch unbemerkt von Ishan, dessen geheimnisvolle Vergangenheit durchleuchten und die Wahrheit über sie an die Öffentlichkeit bringen. Denn inzwischen steht die Wahl zum Föderationspräsidenten an, die Ishan mit ziemlichem Vorsprung gewinnen würde - vor allem weil die Öffentlichkeit nichts von den verstörenden Vorgängen auf Andor und Cardassia mitbekommt ("Der Giftbecher", "Der kaminrote Schatten").

Dayton Ward zögert die Lüftung des Geheimnisses bis ganz ans Ende hinaus, so dass das schrittweise Aufdecken einen großen Reiz des Romans ausmacht. Schade ist hingegen, dass Ward dafür umständlich einen Cardassianer einführen muss, mit dem Beverly Crusher angeblich schon lange befreundet ist und der jetzt die entscheidende Brücke zu Ishans Vergangenheit darstellt. Nicht nur stört der offensichtlich konstruierte Plot; viele der entsprechenden Passagen sind belangloses Füllmaterial voller unnötiger Rückblicke, die dem Leser die gemeinsame Vergangenheit der beiden näherbringen sollen.
Vielleicht die größte Überraschung am Ende von fünf "The Fall"-Romanen ist dann doch, was Ishan verbirgt. Ohne viel verraten zu wollen, fällt die Antwort weniger spektakulär aus, als man es erwartet hätte. Dennoch wird damit unterstrichen, dass ein solcher Staatsstreich auch im utopischen Star Trek-Universum jederzeit passieren kann.

Bemerkenswert ist, wieviele in der Sternenflotte Ishan kritiklos unterstützt haben, bis hin zu klar unmoralischen Entscheidungen wie in "Auf verlorenem Posten", als Julian Bashir das Heilmittel gegen die andorianische Unfruchtbarkeit entdeckte und für dessen Weitergabe von der Sternenflotte fast ermordet und später festgenommen wurde. "Königreiche des Friedens" zeigt ein weiteres Mal, dass die Föderation durch den Borg-Krieg und viele andere militärische Konflikte stark geprägt wurde. Eine neue Generation von Offizieren ist herangewachsen, die vieles ungefragt ausführt und Kritik als Problem sieht.
Dadurch, dass die eigentliche Handlung fast den gesamten Roman ausfüllt, bleibt am Ende nur wenig Zeit aufzuräumen. Andor korrigiert seinen Fehler und schließt sich wieder der Föderation an, und Dayton Ward ergreift die Gelegenheit, die Romanreihe mit einem der stärksten Statements seit Langem zur Situation des Star Trek-Universums zu beenden. Picard hegt große Zweifel an den Entwicklungen in der Sternenflotte im letzten Jahrzehnt und hält eine flammende Rede auf die furchtlose Erforschung des Weltraums und die früheren Ideale der Föderation. Er benennt die hasserfüllten, isolationistischen und radikalen Politiker und Generäle wie Ishan als das, was sie sind: Feiglinge, die sich vor dem Anderen fürchten.

Mit "Königreiche des Friedens" endet die "The Fall"-Reihe mit einem spektakulärem Schluss. Zunächst äußerst schleppend und enttäuschend mit "Erkenntnisse aus Ruinen" gestartet, entwickelte "The Fall" schnell ein rasantes Tempo, als Präsident Ishan die Zügel der Macht immer stärker spannte und letztendlich die Werte der Föderation in Geiselhaft nahm. Neben der häufig gut kalkulierten Action machten gerade die immer wieder hervor blitzenden, beängstigenden Bezüge zur heutigen Welt einen großen Reiz der Reihe aus.


Infos:
Star Trek: The Fall
Band 5
Titel: Königreiche des Friedens (Peaceable Kingdoms)
Autor: Dayton Ward
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2015, USA: 2013
Deutsche Übersetzung von Christian Humberg
Preis: 12,99 €
Cross Cult Verlag

Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag

Fragen, Kritik oder Anregungen? Schreiben Sie an Andrej Schwabe.

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