Deutscher StarTrek-Index  
  4.3 Der Besuch  
  The Visitor  
 

von Matthias Weber

 
 
 

Episodenbeschreibung

In einer stürmischen Nacht klopft eine junge Frau an die Tür des Hauses von Jake Sisko, der inzwischen ein alter Mann ist. Die junge Frau stellt sich als Melanie vor und erklärt, dass sie ein Fan von Jakes Büchern ist. Sie möchte von Jake Sisko wissen, warum er im Alter von 38 Jahren plötzlich aufgehört hat Bücher und Geschichten zu schreiben. Jake beginnt damit seine Lebensgeschichte zu erzählen, beginnend an dem Tag, als sein Vater starb:

Im Alter von 18 Jahren schrieb Jake Sisko fieberhaft an einer neuen Geschichte. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, nahm ihn sein Vater in der Defiant auf einen Flug zum Wurmloch mit. Die Defiant sollte dort das äußerst seltene Phänomen einer Inversion des Wurmlochs beobachten. Als die Inversion begann, kam es zu einer Überladung der Warpkammer. Da sich der Maschinenraum nicht meldete, gingen die beiden Siskos dorthin um das Schiff zu retten. Captain Sisko konnte die Überladung regulieren, allerdings wurde er dabei von einem plötzlichen Energieblitz getroffen und in den Subraum gezogen. Die Crew von Deep Space Nine versuchte alles um den Captain zu retten, doch man sah bald keine Möglichkeit mehr, etwas zu unternehmen und er wurde für tot erklärt.

Ein Jahr später erschien Captain Sisko für kurze Zeit auf der Station, doch der Crew von DS9 gelang es trotz Eindämmungsfelder nicht, sein erneutes Verschwinden in den Subraum zu verhindern. Da sich die Auseinandersetzungen mit den Klingonen verschärften, musste die Station bald geräumt werden. Jake Sisko ging auf die Erde zurück und begann wieder Schriftsteller zu werden. Er ging auf die Pennington-Schule und veröffentlichte einige Erzählungen. Nach einigen Jahren heiratete er und schrieb seinen größten Erfolg, seinen ersten Roman. Eines Abends, als er an seinem neuen Roman arbeitete, erschien plötzlich sein Vater wieder. Die beiden Siskos hatten jedoch nur wenige Minuten, bevor Jakes Vater wieder in den Subraum gezogen wurde. Jake hatte fortan ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Vater einfach aufgegeben hatte. Er hing seinen Schriftsteller-Beruf an den Nagel und studierte noch einmal. Er wurde Wissenschaftler und versuchte jahrelang herauszufinden, was mit seinem Vater geschehen war und wie man ihn zurückholen könnte. Obwohl sich Jakes Frau Korena zunächst sehr verständnisvoll zeigte, verließ sie ihren Mann nach einiger Zeit, da er sich immer mehr in seine Arbeit vertiefte.

Als das Wurmloch eine erneute Inversion durchlief, gelang es Jake mit Hilfe von Captain Nog die alte DS9-Crew zusammenzutrommeln, um den Unfall nachzustellen und seinen Vater zurückzuholen. Das Experiment gelang zunächst, hatte jedoch dann die Auswirkung, dass Jake zu seinem Vater in den Subraum gezogen wurde. Ben Sisko fand es schade, dass Jake die Schriftstellerei aufgegeben hatte. Der Crew der Defiant gelang es Jake aus dem Subraum zurückzuholen, doch der Versuch, Ben Sisko in die normale Welt zu bringen, scheiterte.

In den kommenden Jahren begann Jake Sisko, wie von seinem Vater gewünscht, wieder Geschichten zu schreiben. Er hat einen Band mit Erzählungen fertig gestellt und gibt Melanie nun ein Exemplar. In den Jahren nach dem letzten Zusammentreffen der beiden Siskos fand Jake außerdem heraus, dass der Unfall auf der Defiant damals eine Verbindung zwischen ihm und seinem Vater herstellte. Deswegen erschien Jakes Vater alle paar Jahre in seiner Nähe. Jake hat außerdem die Theorie aufgestellt, dass sein Vater zu dem Zeitpunkt des Unfalls in die normale Welt zurückkehren wird, wenn Jake genau in dem Moment stirbt, in dem sein Vater das nächste Mal erscheint. Melanie errät, dass dieses nächste Mal an diesem Tag stattfinden wird. Sie verlässt Jakes Haus mit dem Exemplar seiner Erzählungen und Jake setzt sich in einen Stuhl und wartet auf seinen Vater. Als dieser erscheint hat sein Sohn schon Gift eingenommen und Ben Sisko kann durch seinen Tod sich und Jake vor dem Energieblitz auf der Defiant in Deckung bringen. Das Schiff kehrt zur Raumstation zurück.

Bewertung

"Der Besuch" ist sicher das stärkste Charakterdrama, welches je im Rahmen Star Treks produziert wurde.

Die Folge bietet einen starken Kontrast zur vorherigen Doppelfolge 4.01 + 4.02: Der Weg des Kriegers. So überzeugend dieser Auftakt der vierten Staffel war, an die vor Kreativität sprühende Folge "Der Besuch" kommt er bei Weitem nicht heran. Ich habe im Fernsehen selten eine dermaßen mitreißende und gelungene Charakterstudie gesehen. Die Folge erzählt auf bewegende und einfühlsame Weise eine Geschichte über Verluste im menschlichen Leben und wie man damit umgehen kann. Die Folge überzeugt vor allem deswegen, weil alles zusammenpasst. Das fängt bereits beim unheimlich starken Drehbuch an, geht bei der wieder einmal hervorragenden Regie des immer besser werdenden David Livingston weiter und hört mit der stimmungsvollen Musik und den ergreifenden Darstellerleistungen auf. Das in der Serie immer wiederkehrende Vater-Sohn-Thema der beiden Siskos wurde sicherlich noch nie so gut umgesetzt, wie in dieser Folge.

Hier wird auch wieder einmal deutlich, wo andere Serien aufhören und wo Star Trek anfängt. Ich kenne keine andere Science Fiction-Serie, die es einfach nur durch eine bewegend erzählte Geschichte bzw. Folge schafft, den Zuschauer zu Tränen zu rühren. Tolle Weltraumgefechte und Action kann jeder halbwegs ordentliche Produzent mit einem angemessenen Budget und einer guten Effekte-Firma auf die Leinwand bringen, aber Leckerbissen wie diese sind es, die die wahre Qualität einer Serie ausmachen.

Regisseur David Livingston ist bereits seit der ersten TNG-Staffel bei Star Trek als Produzent mit dabei. Während er anfangs an vor allem für die Nachproduktion verantwortlich war, gab er sein Regiedebüt in der vierten TNG-Staffel. Livingston wechselte als Regisseur jedoch schnell zur Ablegerserie DS9, während er als Produzent bei beiden Serien tätig war. Er, der eigenen Aussagen zufolge am liebsten bei DS9 Regie führte, arbeitete nach dem Ende von TNG auch des Öfteren als Regisseur für die Schwesterserie Voyager. Livingston hat sich nicht ohne Grund innerhalb weniger Jahre zum am häufigsten engagierten Star Trek-Regisseur entwickelt. Folgen wie diese sprechen für sein großes Talent. Livingston selbst bezeichnete in einem Interview das Drehbuch zu dieser Episode als das beste, welches er je gelesen habe. Die beiden Darsteller Tony Todd und Rachel Robinson lud er einige Tage vor Drehbeginn in sein Haus ein, um dort die gemeinsamen Szenen zu proben, was für das TV-Geschäft ungewöhnlich ist. Den Luxus des Probens gibt es normalerweise nur bei großen Kinoproduktionen, nicht aber im Fernseh-Geschäft.

Autor Michael Taylor hat mit dieser Folge einen beeindruckenden Einstieg in Star Trek gefunden. Er schrieb noch einige weitere Drehbücher für DS9, war aber ab der fünften Voyager Staffel hauptsächlich für die Schwesterserie tätig und gehört mittlerweile zu den 20 wichtigsten Autoren von Star Trek.

Besonders überzeugend sind in dieser Folge die sehr einfühlsamen Darstellerleistungen, die diese Tiefe vielleicht vor allem wegen der veranstalteten Proben erreichen.
Tony Todd kennt man als Darsteller von Worfs Bruder Kurn aus einigen Star Trek-Folgen. In der Rolle des Klingonen kann er oft nicht zeigen, was für ein talentierter Schauspieler er ist. Hier hat er endlich die Chance zu zeigen, was in ihm steckt.

Auch Rachel Robinson, die Tochter von Garak-Darsteller Andrew J. Robinson überzeugt als Fragen stellende Besucherin Melanie. Die beiden Darsteller harmonieren sehr gut miteinander, was ihren gemeinsamen Szenen eine besondere Wärme verleiht.

Obwohl Jake Sisko in den meisten Szenen natürlich von Tony Todd dargestellt wird, hat auch Cirroc Lofton dieses Mal Gelegenheit zu zeigen, dass er ein guter Schauspieler ist.

Dies ist eine der wenigen Star Trek-Folgen, in der es eine Erzählerstimme gibt, welche die Geschehnisse kommentiert.

Die Folge zeigt, dass manchmal die einfachsten Effekte die schwierigsten sind. Regisseur David Livingston wollte zu Beginn der Folge, dass es außerhalb von Jakes Haus regnet und stürmt. Da das Ganze natürlich im Studio gedreht wurde, war das Erzeugen von Regen problematisch, da die Gefahr von Schäden an der Bausubstanz des Studios bestand und man außerdem natürlich das Problem des Saubermachens hatte, als die Szene vorbei war. Livingston meinte dazu in einem Interview: "Wenn das Wort Regen fällt, laufen die Produktionleute Sturm. Sie sträuben sich dagegen und es heißt nur "Nein, nein, nein"." Livingston konnte sich bei dieser Folge trotzdem durchsetzen und der Regen in der Nacht, der sich in einen wunderschönen sonnigen Morgen verwandelt, ist letztendlich ein weiteres gelungenes, dramatisches Element, welches die Handlung unterstützt.

Die Folge erhielt 1996 eine Emmy-Nominierung in der Kategorie "Outstanding individual Achievement in Makeup for a Series". Die Makeup-Abteilung hat tatsächlich wieder sehr gute Arbeit geleistet, wenn es darum geht, die Charaktere um einige Jahrzehnte älter aussehen zu lassen.
Ebenfalls nominiert wurde die Folge für einen der begehrten Hugo Awards und zwar in der Kategorie "Best Dramatic Presentation". Trotz der offensichtlichen Qualitäten ging die Folge allerdings leer aus.

Leider blieb nicht genug Geld, um die Defiant in den Szenen in der Zukunft etwas futuristischer zu gestalten. Also entschloss man sich dazu, einfach einige Klebestreifen anzubringen, um wenigstens eine gewisse Veränderung zu zeigen.

Alles in allem ist "Der Besuch", trotz seiner im Prinzip recht einfachen Erzählstruktur, eine bewegende, mitreißende Folge, mit unheimlich starken Charaktermomenten, einer tollen Regie und brillanten Darstellerleistungen. Die Folge reiht sich damit unter die zeitlosen Highlights Star Treks ein und ist sicher eine der besten Star Trek-Folgen aller Zeiten, die einen zum Star Trek-Fan machen kann.

 
 
 

Spannung

SFX

Handlung

Gesamt

 
 
 

Zusammenhänge

Aron Eisenberg hat dieses Mal seinen 12. Auftritt als Nog. Er war das letzte Mal in 3.25: Facetten zu sehen. Sein nächster Auftritt ist in 4.07: Kleine, grüne Männchen.

Tony Todd ist bekannt als Darsteller von Worfs Bruder Kurn. Diese Rolle spielt Todd in den TNG Folgen 3.17: Die Sünden des Vaters, 4.26: Der Kampf um das klingonische Reich Teil 1 und 5.01: Der Kampf um das klingonische Reich Teil 2. Er hat als Kurn auch einen Auftritt in der DS9-Folge 4.15: Die Söhne von Mogh. Tony Todd spielt außerdem einen Hirogen-Jäger in der Voyager Folge 4.16: Beute.

Galyn Görg, hier als Korena mit dabei, spielt in der Voyager Folge 3.10: Der Kriegsherr die Rolle von Nori.

Die Darstellerin von Melanie, Rachel Robinson, ist die Tochter des Garak-Darstellers Andrew J. Robinson.

 
 
 
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  Druckbare Version

 Erstausstrahlung USA:
  07. 10. 1995

 Erstausstrahlung D:
  16. 10. 1996

 Regie:
  David Livingston

 Buch:
  Michael Taylor

 Gaststars:
  Tony Todd
   [erwachsener Jake Sisko]
  Aron Eisenberg
   [Nog]
  Galyn Görg
   [Korena]
  Rachel Robinson
   [Melanie]



  Zuletzt geändert:
  2015-04-27, 01:51
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