DSi

DS9 4.6 Wiedervereinigt


Rejoined

von Matthias Weber

Episodenbeschreibung

Ein Wissenschaftler-Team der Trill kommt an Bord der Station, um dort mit Hilfe der Defiant zu versuchen, ein künstliches Wurmloch zu erzeugen. Teil des Wissenschaftlerteams ist auch Dr. Lenara Kahn. Kahns früherer Wirt Nilani war vor vielen Jahren einmal mit Dax' früherem Wirt Torias verheiratet. Sisko bietet Dax an, während Kahns Aufenthalt auf der Station Urlaub zu nehmen, um nicht alte Gefühle wieder aufleben zu lassen, doch Dax lehnt ab. Sie will sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.

Bashir erklärt Kira inzwischen, warum Dax und Kahn selbst wenn sie wollten, ihre alte Beziehung nicht wieder aufleben lassen dürften. In der Gesellschaft der Trill ist es ein Tabu mit einem Partner aus einem früheren Leben wieder eine Beziehung einzugehen.

Am Abend gibt es einen Empfang für das Wissenschaftlerteam, zu dem außerdem noch Lenaras Bruder Bejal und Dr. Hanor Pren gehören. Jadzia und Lenara werden von allen aufmerksam beobachtet, da offensichtlich alle damit rechnen, dass zwischen den beiden noch Gefühle vorhanden sind.

Am nächsten Tag beginnt die Mission auf der Defiant. Dabei kommen sich Dax und Kahn etwas näher und Dax lädt Lenara am Abend zum Essen ein. Sie versichert ihr, dass beim Essen auch noch Dr. Bashir anwesend sein wird. Bashir, der noch gar nichts von seiner abendlichen Verabredung gewusst hat, willigt ein, die Anstandsdame zu spielen. Das Abendessen verläuft wie erwartet. Jadzia und Lenara schwelgen in alten Erinnerungen, während Bashir gelangweilt zuhört. Als der Doktor auf die Krankenstation gerufen wird, sind die beiden ungestört und gestehen sich, dass sie sich gegenseitig sehr vermisst haben und ihre Gefühle nur schwer unter Kontrolle halten können.

Die ersten Tests auf der Defiant verlaufen erfolgreich. Das künstliche Wurmloch kann erzeugt werden, auch wenn es schon nach wenigen Sekunden wieder kollabiert.
Jadzia und Lenara werden bei der Zusammenarbeit von Dr. Pren und Bejal beobachtet. Pren hat die beiden auch beim Essen am Abend zuvor gesehen und berichtet Lenaras Bruder davon. Bejal wird langsam misstrauisch und stellt seine Schwester später zur Rede.

Kahn reagiert sehr verärgert und geht nach dem Gespräch direkt zu Dax. Dort weint sie sich aus und es kommt zum Unvermeidlichen, die beiden gestehen sich, dass sie sich noch lieben. Sie küssen sich, doch sie wissen nicht ob sie bereit sind, ihre Liebe offen zuzugeben und damit den Ausschluss aus der Trill-Gesellschaft zu riskieren.

Dax berät sich mit Sisko. Dieser ist der Meinung, dass sich Dax gut überlegen sollte was sie will, da der Ausschluss aus der Trill-Gesellschaft ein hoher Preis ist. Wenn es jedoch wirklich das ist, was Dax will, würde Sisko sie unterstützen.

Am nächsten Tag, beginnt die nächste Stufe der Tests. Dabei läuft etwas schief. Das Wurmloch kollabiert unplanmäßig und beschädigt die Defiant. Dabei wird Kahn im Maschinenraum verletzt. Da es außerdem ein Plasmaleck im Maschinenraum gibt, kann man Kahn nicht so leicht erreichen. Dax gelingt es jedoch zu ihr zu gelangen und sie zu retten. Dax erkennt, dass sie Lenara keinesfalls noch einmal verlieren möchte. Sie möchte die Beziehung weiterführen, trotz der Konsequenzen. Lenara ist dazu jedoch nicht bereit. Sie verlässt die Station zusammen mit ihrem Bruder und Dr. Pren.




Bewertung

"Wiedervereinigt" ist die erste Star Trek-Episode, die das Thema Homosexualität offen thematisiert. Das Thema war bereits in den beiden TNG-Folgen 4.23: Odan, der Sonderbotschafter und 5.17: Verbotene Liebe thematisiert worden, allerdings war man beide Male trotz interessanter Handlungen am Ende nicht so richtig mit dem Ergebnis zufrieden. In beiden Folgen vermied man es, eindeutig Stellung zur Homosexualität zu beziehen. 4.23: Odan, der Sonderbotschafter enttäuschte, da jegliche Aussage zur Homosexualität fehlte. Als Odan am Ende der Episode in einem weiblichen Wirtskörper erscheint, wich man einer eindeutigen Aussage aus, indem Crusher erklärte, sie käme mit dem ständigen Wechsel der Wirtskörper von Odan nicht zurecht. Deutlich konkreter wurde die Homosexualität in 5.17: Verbotene Liebe angesprochen, allerdings war die Wahl der Darstellerin von Rikers Partnerin unglücklicherweise auf die recht feminine Melinda Culea gefallen. Hier hätte man besser eine maskulin wirkende Darstellerin oder sogar einen männlichen Darsteller für die Rolle engagiert, um somit eindeutig den Bezug zur Homosexualität aufzubauen.

In "Wiedervereinigt" griff man dieses Thema nun erneut auf und zeigte sich hier deutlich mutiger, was auch, trotz vordergründiger Toleranz in der Gesellschaft, keineswegs so selbstverständlich war. Auch heute gibt es bei aller Toleranz noch eine Menge engstirniger Menschen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht akzeptieren können. Hinzu kommt, dass auch die katholische Kirche im gläubigen Amerika die Homosexualität nach wie vor verurteilt. Bezieht eine Serie also eindeutig Stellung zu diesem Thema, ist Zuschauerschwund nicht ganz auszuschließen. Auch ist zum Beispiel ein Kuss zwischen einem gleichgeschlechtlichen Paar für die Darsteller nicht immer einfach, kann doch ein solcher Kuss auch heute einer Schauspielerkarriere noch immer erheblichen Schaden zufügen.
Es kann natürlich auch der umgekehrte Fall eintreten, nämlich dass ein Kuss zwischen einem gleichgeschlechtlichen Paar, wie in dieser Episode gezeigt, zu viel Publicity führt und einer Serie damit ins Rampenlicht verhilft. So kann eigentlich auch keine Serie ein solches Tabuthema ansprechen, ohne dass den Produzenten sofort vorgeworfen wird, kostenlose Publicity erreichen zu wollen, indem ein kleiner Skandal heraufbeschworen wird. Dieser Vorwurf scheint zumindest bei dieser Episode ungerechtfertigt zu sein, hatten Regisseur Avery Brooks und Produzent Rick Berman doch einem Fernsehteam untersagt, die Dreharbeiten mit einem Filmteam zu begleiten und einen Bericht über die Episode zu senden. Wäre dem Fernsehteam dies gestattet worden, wäre es natürlich weitaus wahrscheinlicher gewesen, dass die Medien die Folge zu einem kleinen Skandal aufgebauscht hätten. Da der Kuss gleichzeitg nicht im Drehbuch stand, sondern dem Regisseur Brooks und den Darstellerinnen Farrell und Thompson überlassen wurde, kann hier wohl kaum von künstlich erzeugter Publicity die Rede sein (mal ganz abgesehen davon, dass es bei solch gelungenen Ergebnissen durchaus legitim ist, zunächst nur an die Publicity zu denken). Hinzu kommt, dass der Kuss keineswegs aufdringlich oder wie ein Mittel zum Zweck wirkt, sondern an dieser Stelle sehr gut in die Handlung passt und die Szene überzeugend erscheinen lässt.

Publicity hin oder her, in "Wiedervereinigt" fasste man erstmals bei Star Trek den Mut, das Thema Homosexualität so offen wie möglich zu behandeln. Dabei ist dies zunächst gar nicht geplant gewesen. Autor René Echevarria plante die Folge zunächst mit einem männlichen Wirtskörper für Kahn. Hier hätte sich die Folge also ausschließlich um das Tabu der Trill-Gesellschaft gedreht, welches vereinigten Trills untersagt, eine Beziehung mit einem Partner aus einem früheren Leben anzufangen. Erst Ronald D. Moore kam auf die Idee, Kahn weiblich sein zu lassen und die Folge damit als Parallele zu einem heute bestehenden Tabu anzulegen. Wäre Kahn männlich gewesen, hätte dies zunächst an der eigentlichen Handlung nichts geändert, da sich eh in der ganzen Episode kein Mensch darüber aufregt, dass sich hier zwei Frauen küssen. Trotzdem bekommt die Folge erst durch Moores Einfall ihren besonderen Reiz, denn auf diese Weise schafft man es, die Homosexualität im 24. Jahrhundert als etwas ganz Normales darzustellen (da sich niemand darüber aufregt oder wundert, scheint dies im 24. Jahrhundert offensichtlich nichts Ungewöhnliches, auf jeden Fall aber kein Tabuthema mehr zu sein), gleichzeitig jedoch mit dem Tabu der Trill eine Geschichte zu erzählen, die als Parallele zum Umgang mit der Homosexualität in unserer heutigen Zeit angelegt ist. Dieser Aspekt wäre beim ursprünglichen Entwurf nicht zum Tragen gekommen und die Folge hätte wohl weitaus weniger überzeugen können.
Star Trek ging in dieser Episode den Weg, den es bereits zu Zeiten der Originalserie des Öfteren erfolgreich beschritten hatte (beispielsweise in 1.23: Krieg der Computer), nämlich ein Tabu- oder Streitthema aus der heutigen Zeit auf ein ähnliches Thema des 24. Jahrhunderts zu übertragen, und dort anhand der Parallele zur Gegenwart Stellung zu beziehen.

Die große Reaktion der Öffentlichkeit blieb, wie schon beim ersten TV-Kuss zwischen einer Farbigen und einem Weißen in der TOS-Episode 3.10: Platons Stiefkinder nach der Episode aus, es gab lediglich einige wenige Sender, die die Kuss-Szene bei der Wiederholung der Episode herausschnitten. Deutlich höher schlugen die Wellen im Star Trek-Fandom selbst. Hier zeigte sich wieder einmal, wie schon bei vielen anderen Gelegenheiten zuvor, dass die von Roddenberry angestrebte und gepredigte Toleranz gegenüber der Andersartigkeit bei den Fans keineswegs angekommen zu sein schien. Die zahlreichen, heftigen und negativen Reaktionen auf diese Episode zeigten, dass es immer noch eine Menge Menschen gibt, die sich einerseits als Star Trek-Fans bezeichnen, die jedoch auf der anderen Seite kein bisschen Verständnis hinsichtlich der Inhalte und der Botschaft von Star Trek haben. Die Reaktionen überraschten auch die Produzenten und Autoren der Folge. Hier musste wohl der Glaube, dass Science Fiction-Fans im Allgemeinen und Star Trek-Fans im Besonderen toleranter eingestellt sind als andere Menschen, korrigiert werden. Ronald D. Moore ließ in einem Interview verlauten, dass er nach den Reaktionen auf die Episode große Lust gehabt habe, gleich noch einmal etwas Derartiges zu schreiben.

Das, was die Episode besonders mutig macht, ist nicht unbedingt der Kuss zwischen Kahn und Dax selbst (auch wenn die Episode ohne diesen vermutlich weniger Kritik hätte einstecken müssen), da es einen solchen Kuss schon zuvor in anderen Serien gegeben hatte (zum Beispiel "L.A. Law", oder "Picket Fences"). Mutig ist die Folge vor allem deswegen, weil man es an mehreren Stellen vermied, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Man hätte sich an einigen Stellen hinter Ausreden verstecken können, hätte man das Thema der Homosexualität soweit es nur geht in den Hintergrund drängen wollen. Zum Beispiel hätte man in der Folge deutlich betonen können, dass es weniger Lenara Kahn und Jadzia Dax an sich sind, die sich ineinander verlieben, sondern dass die beiden vielmehr an den gemeinsamen Erinnerungen der vergangenen Wirte interessiert sind. Zum Anderen hätte man Lenara zur treibenden Kraft in der Beziehung machen können. Hätte Kahn die Beziehung fortführen wollen und Jadzia wäre die passive Rolle zugefallen, die die Beziehung beendet, wäre es hinterher deutlich einfacher gewesen, enttäuschte Jadzia-Fans damit zu besänftigen, dass sie ja von Anfang an von Lenara nur in die Sache hineingezogen wurde.

Manche werfen der Folge auch vor, nicht weit genug gegangen zu sein. Sie argumentieren, dass die Episode einer homosexuellen Beziehung keine Chance geben würde, da die Beziehung der beiden am Ende scheitert. Das ist einfach falsch, da Jadzia ja durchaus bereit ist, die Beziehung weiter zu führen, es jedoch eine Konvention von TV-Serien ist, dass Beziehungen von Hauptpersonen am Ende einer Folge scheitern müssen. Die Hauptperson muss am Ende einer Episode einfach wieder frei sein für neue Beziehungen in späteren Episoden. Ausnahmen von dieser Konvention gibt es nur in den wenigsten Fällen, zum Beispiel wenn zur Beziehung zwei Hauptpersonen gehören (wie Odo und Kira) oder die 4 Jahre andauernde Beziehung zwischen Sisko und Kasidy. Davon war bei Jadzia und Lenara jedoch zu keinem Zeitpunkt auszugehen, schon alleine deswegen, weil eine andauernde Beziehung weitere Auftritte von Lenara erforderlich gemacht hätte, es jedoch im Vorfeld keine Informationen darüber gab, dass Susanna Thompson in mehr als einer Episode mitspielen würde.

Sisko-Darsteller Avery Brooks führte bei dieser Episode erneut Regie und besticht vor allem durch seine gute Arbeit mit den Darstellerinnen. Glaubt man den Aussagen der Darsteller, ist es wohl Brooks zu verdanken, dass Susanna Thompson und Terry Farrell derart gut harmonierten. Brooks brachte die beiden Darstellerinnen bereits vor Drehbeginn zusammen und machte sie miteinander bekannt. Er sorgte außerdem für eine gute Atmosphäre am Set, damit sich die Schauspielerinnen bei ihrer Arbeit geborgen fühlten. Die Darstellerinnen hatten keineswegs ganz leichte Aufgaben zu bewältigen, schließlich mussten sich beide Frauen in ihre Rolle hineinversetzen, obwohl sie im Privatleben nicht homosexuell sind.
Avery Brooks hat als Sisko auch eine wichtige Szene, in der er Dax einen Ratschlag erteilt. Er warnt sie davor, ihre Zukunft in der Trill-Gesellschaft leichtfertig aufs Spiel zu setzen, gibt ihr gleichzeitig aber auch zu verstehen, dass er sie auf alle Fälle unterstützen würde, wenn Lenara wirklich die Person ist, mit der Jadzia ihr Leben verbringen will. Überträgt man Siskos Äußerungen auf die heutige Zeit, ist dies gleichzeitig ein eindeutiges Statement zur Homosexualität.

Siskos Aussage, Kahn und ihr Team würden das erste künstliche Wurmloch der Galaxie schaffen, ist natürlich Quatsch, schließlich wurde das Wurmloch in den Gammaquadranten von den Wurmlochwesen, bzw. von den Propheten der Bajoraner geschaffen und ist somit auch nicht natürlichen Ursprungs.

Die Handlung der Episode ist ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Warum das Wissenschaftler-Team seine Experimente ausgerechnet auf DS9 durchführt, bleibt ungeklärt. Außerdem erscheint es unglaubwürdig, dass Kahns Forschungsprojekt ausgerechnet auf dem Schiff durchgeführt werden soll, dass in Episode 3.01: Die Suche Teil 1 mit der ausdrücklichen Bemerkung eingeführt wurde, dass es sich dabei um das einzige Sternenflottenschiff handelt, welches über keinerlei Forschungseinrichtungen verfügt.

Die Folge an sich ist sicher nicht das absolute Highlight von Star Trek, dafür ist sie an manchen Stellen etwas zu langatmig. Außerdem lenkt die durchschnittliche Technobabble-Hintergrundhandlung vom eigentlichen Thema eher ab und liefert eigentlich nur den Grund, drei Trill gleichzeitg auf der Station auftauchen zu lassen. Trotzdem ist sie eine gelungene Folge über Toleranz in der Gesellschaft mit einer interessanten Parallele zu unserer heutigen Zeit und mit einer sehr eindeutigen Botschaft in Richtung Toleranz gegenüber Homosexuellen.

Spannung: 4 SFX: 5 Handlung: 6 Gesamt: 5
Zusammenhänge

In dieser Folge gibt es ein Wiedersehen mit Kenneth Marshall in der Rolle von Lieutenant Commander Michael Eddington. Er hat in dieser Folge seinen 5. von 9 Auftritten. Seinen letzten Auftritt hatte Eddington in der Episode 3.26: Der Widersacher. Das nächste Mal ist er in 4.10: Unser Mann Bashir zu sehen.

Susanna Thompson (Dr. Lenara Kahn) ist ein häufig gesehener Gast bei Star Trek. Sie spielte Varel in der TNG-Episode 5.24: So nah und doch so fern, Insassin Jaya in der TNG-Folge 6.21: Phantasie oder Wahrheit und die Borg-Queen in den Voyager-Episoden 5.15 + 5.16: Das ungewisse Dunkel und 6.26 + 7.01: Unimatrix Zero.

James Noah (Dr. Hanor Pren) spielt auch Rislan in der Voyager-Episode 3.24: Translokalisationen.

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Ausdruck vom: 14. 12. 2024
Stand des Reviews: 15. 11. 2024
URL: http://www.startrek-index.de/tv/ds4_6.htm